Im hohen Norden
 
 
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Erst kurz vor Mittag waren wir am Donnerstag von unserem Schlafplatz aufgebrochen, denn die Campingausrüstung, die am Vortag ohne viel Auf-hebens und vor allem feucht eingepackt worden war, musste erstmal getrocknet, gesäubert und ordentlich verstaut werden. Nachdem wir uns wochen-lang in den Bergen aufgehalten hatten, waren die Wüstenlandschaften im Tal des Rio Santa auf dem Weg zur Küste und vor allem die Sanddünen entlang der Panamericana eine echte Abwechslung fürs Auge. Dass die Einöde entlang der Küste auf dem Rückweg irgendwann langweilig werden wird, können wir uns zwar gut vorstellen; für den Moment fanden wir die Bilder aber ganz nett. Und auch unsere Reisegeschwindigkeit (bedingt durch die asphaltierte Straße) war mal was anderes.. Schon am Nachmittag waren wir in Trujillo, wo wir uns nach all der "Wildnis" zur Abwechslung mal wieder ein Hotelzimmer und Pizza zum Abendessen gönnten.

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Die drittgrößte Stadt Perus hat ein schönes Zentrum mit alten Kolonialgebäuden, die zum Teil sehr hübsche geschlossene Holzbalkone oder Fenster-gitter aus Holz haben. Auch die Plaza de Armas ist ein kleines Schmuckstück. Für ein paar Stunden genossen wir mal wieder Stadtleben. Beim Mail-check erfuhren wir, dass Andrea und Frank, die mit Mehari (so heißt ihr Landrover) für ein Jahr in Südamerika unterwegs sind und die wir auf dem Campingplatz in Cusco kennengelernt hatten, ganz in unserer Nähe sind. In Cusco hatten wir zwei sehr nette Abende zusammen verbracht, dann trennten sich unsere Wege schon wieder. Beim Abschied hatten wir gehofft, dass wir uns weiter nördlich nochmal treffen würden. Also kürzten wir unseren Trujillo-Aufenthalt kurzerhand ab und fuhren die wenigen Kilometer bis nach Huanchaco, wo die beiden im "Huanchaco Garden" standen. Dieses Mal waren unsere Pläne für die nächsten Tage ganz ähnlich, deshalb waren wir ab jetzt zu viert unterwegs. So schön die Zweisamkeit auf Reisen ist, ab und an mal "unter Menschen zu kommen" , ist doch auch ganz angenehm.

Jeder, der den "Schwarm" gelesen hat, wird sich an den Anfang erinnern, der in Huanchaco spielt. Bis in die 60er Jahre gab es in diesem Fischerdorf weder Strom noch fließend Wasser, heute ist es ein echter Urlaubsort, bekannt vor allem wegen der Caballitos de Totora.  Mit den "Schilfpferdchen" fuhren die Fischer schon vor Jahrhunderten aufs Meer - heute stehen sie vor allem dekorativ am Strand. Es ist ein wenig zu bezweifeln, dass damit noch oft gefischt wird; wir sahen nur zwei Einheimische, die Touristen für einen kleinen Wellenritt mit aufs Meer nahmen. Nur im südamerikanischen Sommer von Dezember bis April scheint hier - wie überall an der Küste - die Sonne. Die restliche Zeit über herrscht mehr oder weniger ständig  der typische Küstennebel. Wir hatten Glück und konnten zumindest einen Nachmittag lang Sonne genießen. Außer lecker Fisch zu  essen, einem Strand-spaziergang und den Surfern zuzuschauen taten wir in den zwei Tagen, die wir in Huanchaco blieben, nicht. Halt, stimmt nicht - Jürgen reparierte unsere Standheizung!! Da wir nun auf einer Webasto-freundlichen Höhe waren, spuckte und qualmte sich das gute Stück von ganz allein wieder frei.

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Bevor wir am Montag weiter Richtung Norden fuhren, machten wir noch einen Zwischenstopp am Ruinenkomplex Chan Chan, mit rund 14 km² die größte vorkolumbische Stadt des gesamten Kontinents und die größte Lehmziegelstadt der Welt. Mal wieder hatten wir ein Unesco-Weltkulturerbe vor uns. Im 9. Jh.n.Chr. begann unter den Mochica der Bau dieser "Mega-City" , Ende des 13. Jahrhunderts erreichte sie unter den Chimú ihre größte Aus-dehnung. Die Inka eroberten die Stadt im 15. Jahrhundert, indem sie ganz einfach die Wasserzufuhr aus den Anden kappten. Die Stadt,  komplett aus luftgetrockneten Lehmziegeln erbaut, die aus tonhaltiger Erde, Kieseln und Stroh bestehen und noch heute das Baumaterial für die meisten Häuser auf dem Land liefern, war neben raffgierigen Spaniern und Grabräubern auch etlichen Naturkatastrophen ausgesetzt - viele Mauern und Reliefs sind des-halb beschädigt. Aber auch wenn nur noch wenige Mauern stehen, sind  die Ruinenlandschaft und vor allem die Verzierungen mit Tieren und geome-trischen Figuren, die sich ständig wiederholen, ziemlich eindrucksvoll. Da die Huaca del Dragon an unserem Weg lag, schauten wir auch dort noch vorbei.

Allzu weit kamen wir heute nicht mehr; kurz bevor wir ins Landesinnere Richtung Cajamarca abbiegen mussten, suchten wir uns in der Nähe von Pa-casmayo einen Schlafplatz incl. Meeresrauschen. Und am Abend wurde eindrucksvoll bewiesen, dass man in unserem tollen Camper auch zu viert kochen und essen kann - wenn auch nicht ohne das sorgfältige Sortieren von acht Beinen.

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Nächstes Ziel war Cajamarca, knapp 200 Kilometer im Landesinneren. Alle vier hatten wir zum einen wenig Lust auf die langweilige Küstenstraße, außerdem wollten wir die Ruinenanlage von Kuelap sehen - und dafür waren eben wieder Pisten und Berge angesagt. Im Gegensatz zu den Regionen weiter südlich bewegt man sich allerdings wesentlich niedriger, die Pässe sind "nur" noch um die 3000 Meter hoch. Zu all den exotischen Obst- und Gemüsesorten, die wir in Peru bereits wachsen gesehen haben, kam jetzt auch noch Reis hinzu. Dieses Land ist wirklich ein kleiner Garten Eden!

Cajamarca mit seinen 100.000 Einwohnern ist ein nettes Kolonialstädtchen, im Inkareich war die Stadt ein wichtiger Standort entlang des Inkaweges zwischen Cusco und Quito. Bekannt ist sie vor allem, weil die Spanier hier am 15. November 1532 erstmals mit den Inkas zusammentrafen. Obwohl sie mit nur 160 Mann, rund 60 Pferden und leichtem Geschütz kämpften, konnten sie die mehrere Zehntausend Mann starke Inkaarmee schlagen und Atahualpa, den letzten Inkaherrscher, gefangennehmen. Der dachte, sich mit einem Raum voll Gold und doppelt so viel Silber freikaufen zu können. Das in den nächsten Monaten aus dem gesamten Reich eintreffende Edelmetall soll umgerechnet einen Wert von ca. 40 bis 50 Mio US$ gehabt haben. Doch all das beeindruckte die Spanier wenig; nachdem sie von einem geplanten Befreiungsversuch erfuhren, wurde Atahualpa zum Tode verurteilt und am 26. Juli 1533 hingerichtet. Damit war der Untergang des Inkareiches besiegelt.

Am Mittwoch wandelten wir ganz nah auf des Inka Spuren - in den schwefelhaltigen Thermalquellen von Banos del Inca soll sich schon der gute Atahualpa erholt haben; wir begnügten uns mit dem Schwimmbad. Noch interessanter war allerdings der Markt vor den Banos. Nach den wunderschön farbigen Kleidern, die uns an den peruanischen Frauen so gefallen, fallen hier vor allem die riesigen Strohhüte auf. Trotz des nicht wirklich tollen Wet-ters blieben wir noch einen Tag in der Gegend und spazierten durch die Felslandschaft von Cumbe Mayo.

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Hatten wir bis Cajamarca noch Asphalt unter den Reifen, durften wir uns auf der Weiterfahrt Richtung Chachapoyas wieder auf Pisten freuen. Und wie schon auf der Strecke von Cusco nordwärts waren wir auf Straßen unterwegs, die eigentlich zu schmal sind, um in beiden Richtungen befahren zu werden. Wir konnten nur immer wieder froh sein, dass kaum Verkehr herrscht. Über Celendin, wo wir uns auf dem Markt mit Gemüse und Obst (4  Mangos für 1 Sol, weniger als 25 Cent..) eindeckten, kamen wir am Freitag bis nach Balsas am Rio Maranon, in dessen Tal wir schon 1000 Kilometer weiter südlich unterwegs waren. Auf nur 1000 Meter Meereshöhe konnten wir zum ersten Mal seit Wochen den Abend im Freien  verbringen -  noch dazu im T-Shirt!! Und trotz Temperaturen von ca. 25°C konnten wir uns ein Lagerfeuer nicht verkneifen. (Die Machete muss ja auch mal benutzt werden!)

Noch ein Pass trennte uns von Leymebamba, einem kleinen Ort, der vor allem wegen der vielen archäologischen Stätten in seiner Umgebung bekannt ist. Das wirklich tolle Museum des Ortes beherbergt Fundstücke vor allem aus Grabtürmen der Chachapoyas. Am interessantesten, aber auch am gru-seligsten sind die knapp 250 Mumien, die aus Gräbern oberhalb der Laguna de los Condores stammen. Nach einem Streit unter Grabräubern, die sich gegenseitig angezeigt hatten, wurden die Collpas erst vor wenigen Jahren in einer nahezu unzugänglichen Felswand gefunden. Die Mumien sind in Stoffbahnen gewickelt, auf die von außen Gesichter gestickt wurden. Auch die Grabbeigaben in Form von Textilien, die noch nach hunderten von Jahren leuchtend farbig sind, Keramik- und Kürbisgefäße und Quipus (Knotenschnüre der Inka, die statt einer Schrift für Aufzeichnungen benutzt wurden), sind ausgestellt. Eine Führung nur für uns (wenn auch mit österreichischem Slang..) begeisterte uns vollends für dieses Museum!!

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Ganz unerwartet entdeckten wir am Sonntag in Yerbabuena den schönsten, weil ursprünglichsten, Markt, den wir in Peru erlebt haben. Hier gab es außer den üblichen Lebensmittel-, Obst- und Gemüseständen Pferdesättel aus Autoreifen, Macheten in allen Varianten (Jürgen kann sich kaum satt sehen), einen Viehmarkt (ein einfaches Pferd oder ein Bulle sind schon für etwa 700 Sol, ca. 150 Euro zu haben) und vor allem viel peruanisches Land-leben zu sehen. Solche Tage bestätigen uns immer wieder darin, etwas abseits zu fahren und dafür die Unannehmlichkeiten schlechter Pisten in Kauf zu nehmen.

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Da wir von den Toten der Chachapoya noch nicht genug hatten, wanderten wir zu den Grabhäusern von Revash, die in eine steile Felswand gebaut wurden, und die über einen schmalen Pfad heute auch für den gemeinen Touristen erreichbar sind. Man mag sich kaum vorstellen, wie die Toten in Rucksäcken aus Holz über die weniger als einen halben Meter breiten Pfade in die Felsnischen balanciert wurden..

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Der eigentliche Grund für uns, in diese Region zu kommen, war Kuelap, eine Festung der Chachapoya, die neben Machupicchu in unseren Augen die sehenswerteste Ruinenanlage in Peru ist. Der Vorteil gegenüber dem neuen Weltwunder ist allerdings, dass man sich nicht mit Hunderten anderer Touristen durch die Anlage schiebt, dass der Eintritt statt 30 US$ 11 Soles (weniger als 4 Euro) kostet und dass noch ein Hauch Entdeckertum über der Anlage schwebt.

Von den Chachapoya, was übersetzt Wolkenmenschen bedeutet, die Nordperu ab dem 9. Jahrhundert besiedelten, ist nur noch wenig erhalten. Ihre Sprache ging vollständig verloren, und nur wenige Grundmauern von Häusern und Festungen sind erhalten. Erbaut wurde Kuelap, das auf einem 3000  Meter hohen Felsplateau liegt, im 12. Jahrhundert. Eine fast 1,5 Kilometer lange und bis zu 20 Meter hohe Ringmauer aus Kalksteinbrocken umgibt das Gelände; lediglich drei Eingänge, die an ihrer schmalsten Stelle nur Platz für einen Menschen lassen, führen ins Innere. Damit war die Festung, von der nicht bekannt ist, wann sie verlassen und die von den Spaniern nie entdeckt wurde, sehr leicht zu verteidigen. Die Ruinen und die dazwischen stehen-den Bäume sind überwuchert von Bromelien und Tillandsien - das ganze wirkt ziemlich mystisch. Da wir direkt unterhalb der Anlage übernachtet hat-ten, waren wir am Morgen die ersten und einzigen Touristen und konnten Kuelap ganz in Ruhe (und Stille!) entdecken und genießen.

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Wir waren von der Gegend so überrascht und fasziniert, dass wir noch ein paar Tage anhängten. Es gibt so viel zu sehen, dass man allein hier einen Peru-Urlaub verbringen könnte. Noch ist die Region vom Tourismus fast unentdeckt; und da sie relativ schwer bzw. umständlich zu erreichen ist, wird das vermutlich noch eine Weile so bleiben. Natürlich ist es toll, solche Gegenden finden und nahezu allein durch die Landschaft streifen zu können, andererseits ist es den Menschen zu gönnen, dass ihre Bemühungen, Tourismus in Gang zu bringen, erfolgreich sind und dass sich herumspricht, was für ein Schmuckstück im Norden Perus liegt. Alle Einheimischen, die wir hier trafen, waren unglaublich gastfreundlich und hilfsbereit; allen war anzu-merken, dass jeder Tourist gern gesehen ist.

In Lamud hatte uns der nette Mann im örtlichen Touristenbüro von der erst vor wenigen Wochen zugänglich gemachten Caverna de Quiocta derart vor-geschwärmt, dass wir die Gummistiefel schnürten und uns gemeinsam mit zehn Peruanern, die in der Nähe der Höhle leben, aber noch nie drin waren, das Höhlensystem anschauten. Es ging laut und ein bisschen chaotisch zu, das machte den Spaß aber noch  größer. Ausgestattet mit einem Scheinwerfer, der mit einer etwas schwächlichen Autobatterie betrieben wurde, und ein paar Taschenlampen stapften wir durch zum Teil knöcheltie-fen Schlamm in den sieben zugänglichen Sälen.

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Und noch ein paar Gräber.. Schon im Museum von Leymebamba hatten uns die Modelle der Sarkophage von Karajía beeindruckt. Neben den Ägyptern waren die Chachapoya die einzige Kultur, die Sarkophage für die Bestattung verwendeten - im Gegensatz zu den Ägyptern allerdings in aufrechter Posi-tion. Die  Sarkophage, bemalt und mit menschlichen Gesichtern versehen, wurden ebenfalls in einer unzugänglichen Felswand gebaut - hier kam man auch wirklich nicht näher heran, als es Fernglas und Fotozoom erlaubten.

Da wir nun schon seit fast einer Woche ohne Dusche unterwegs waren, nutzten wir die Gelegenheit zu einem ausgiebigen Bad im Rio Utcubamba. Nach kurzer Schrecksekunde ob der Wassertemperatur genossen wir das außerordentlich - das schlechte Gewissen wegen der Verwendung von Duschbad und Shampoo hielt sich in Grenzen.. Wir waren fast versucht, diesen schönen Platz auch für unser Nachtlager zu nutzen. Da wir aber noch bis nach Cocachimba, dem Ausgangspunkt zur Wanderung zum Gocta-Wasserfall, kommen wollten, musste eine ausgedehnte Kaffeepause genügen.

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Im Touristenbüro im Lamud hatten wir zum ersten Mal von diesem Wasserfall gehört und Fotos gesehen. Mit 771 Meter ist der Gocta der dritthöchste Wasserfall der Welt. Er wurde erst vor etwas mehr anderthalb Jahren von einem Deutschen, der die Gegend bereiste, entdeckt. (Unsere Reiseführer schreiben noch kein Wort über diesen Ort.) Da der Wasserfall nah an der Straße liegt, die wir eh weiterfahren würden, ließen wir uns dieses Highlight natürlich nicht entgehen. Von der Beschreibung hatten wir eine unzugängliche Gegend und wilde Wanderung erwartet - doch schon auf dem Weg nach Cocachimba war der Wasserfall von weitem zu sehen. Wir fragten uns, wie etwas so Offensichtliches so lange unentdeckt bleiben konnte?!

Das kleine Dorf und seine Bewohner werden wir alle vier sicher als einen ganz besonderen Ort auf unserer Reise in Erinnerung behalten. Wir wurden mit einer so herzlichen und selbstverständlichen Art aufgenommen, dass es schon fast unheimlich war. Das ganze Dorf scheint eine große Familie zu sein; Eile, Hektik und Stress, aber auch Annehmlichkeiten wie Strom oder Internet fehlen komplett. Wir durften auf der Wiese vorm Haus einer super- netten Familie campen, und trotz der Tatsache, dass wir als Touris mit Häuschen auf Rädern für die Leute etwas sehr Exotisches sein müssen, war niemand aufdringlich oder zu neugierig. Gleichzeitig begegnete uns eine solche Freundlichkeit, dass Andrea nicht mal selbst Brot holen durfte, als es uns am zweiten Morgen ausgegangen war.

Am Donnerstagmorgen starteten wir mit unserem Guia Candelario zur gut zweistündigen Wanderung zum Wasserfall. Die Tour muss von einem Führer begleitet werden, was uns in dem Fall aber kein bisschen störte. Tio Candy, wie ihn die Familie nennt, erzählte uns ganz viel Interessantes über die Entdeckung des Wasserfalls, die Pflanzen und die Landwirtschaft in der Gegend und zeigte uns, wie Zucker aus Zuckerrohr hergestellt  wird. Da wir mit Andrea eine Halb-Guatemaltekin und damit natürlich perfektes Spanisch bei uns hatten, blieb die Konversation diesmal auch komplett ohne Rätselraten. Es macht wirklich eine Menge aus, die Sprache richtig zu beherrschen.

Die Dorfbewohner kannten den Wasserfall zwar, maßen ihm allerdings wenig Bedeutung bei. Er galt im Gegenteil als böser Ort; wer dorthin ging, sollte von Meerjungfrauen verzaubert und in die Tiefe gezogen werden. Diese Geschichte wurde von Generation zu Generation überliefert - niemand wollte sich deshalb dem Wasserfall nähern. Stefan, besagter Deutscher, machte sich Anfang 2006 trotz der Warnungen auf den Weg durch den Dschungel. Die  Einheimischen halfen ihm zwar, einen Weg zu finden und freizuschlagen, weigerten sich aber, am Wasserfall zu übernachten. Erst als er nach drei Tagen unbeschadet ins Dorf zurückkam und damit bewiesen hatte, dass keine bösen Geister am Catarata spuken, ließen die Leute von ihrem Aber-glauben. Die Vermessung, die Stefan organisiert hatte, ergab, dass es sich um den dritthöchsten Wasserfall  der Welt handelt - damit wurden natürlich auch die Möglichkeiten für den Tourismus deutlich. Nach etwas mehr als einem Jahr ist der Gocta zwar noch immer ein Geheimtipp, mittlerweile kommen aber fast täglich Touristen. Es bleibt nur zu hoffen, dass sich dieses so ursprüngliche und angenehme Dorf und seine Menschen auch mit steigenden Touristenzahlen nicht allzusehr verändern werden.

Der Weg zum Wasserfall führt buchstäblich über Stock und Stein; die Dorfgemeinde ist derzeit dabei, einen neuen Weg zu bauen. Eine  Brücke über ein Flussbett soll den Weg außerdem um eine Stunde verkürzen. Der optimistische Candy meint, dass alles in drei Monaten fertig sein wird - mit unse-ren Kenntnissen vom peruanischen Alltag sehen wir das etwas skeptischer.. Dass wir noch  den "alten" , beschwerlicheren Weg benutzten, war uns sogar ganz recht, denn der Weg durch dichten Dschungel und entlang des kleinen Flüsschens, der aus dem Wasserfall entsteht, ist wunderschön. Nicht zuletzt wegen der vielen Fossilien, die überall verstreut liegen.

Am Fuß des Wasserfalls hatten wir leider keine wirklich Idylle - kurz nach uns kam eine Gruppe von 250 Leuten an, die mit ihrer Kirchengemeinde einen Ausflug machten. Nach wenigen Minuten waren wir vier Gringos die Sensation schlechthin, und nachdem sich ein Mutiger getraut hatte, uns nach einem Foto zu fragen, gab es kein Halten mehr. Andrea und ich fühlten uns wie echte Models - so oft wurde ich noch nie fotografiert! Wir konnten uns nur "retten", indem wir den Rückweg antraten - allerdings nicht, bevor alle Umstehenden eindringlich gebeten wurden, doch bitte keinen Mülleimer aus diesem Ort zu machen. Denn obwohl wir ganz oft die Worte bonito, lindo, hermoso hörten, lagen binnen Minuten etliche Plastikflaschen, Chipstüten und Alufolien von Keksverpackungen auf der Wiese. Mal wieder standen wir etwas fassungslos davor, dass den Leuten offenbar jegliches Verständnis dafür fehlt, dass man seinen Müll nicht in die Landschaft wirft.

Am Nachmittag kamen wir ein wenig erschöpft, aber sehr glücklich über diesen Tag wieder im Dorf an -  und waren uns nahezu wortlos einig, dass wir hier noch eine Nacht bleiben würden. Diesen wunderbaren  Ort und seine Ruhe wollten wir noch einen Moment länger genießen.

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Selten fiel uns der Abschied von einem Ort so schwer, zumal sich heute auch unsere Wege trennen würden. Andrea und Frank fahren wieder an die Küste und werden erst in einiger Zeit nach Ecuador kommen, wir fahren nun schurstraks gen Norden, wo wir in Namballe die Grenze überqueren wollen. Nicht mit vielen Leuten können wir uns vorstellen, für zwei Wochen gemeinsam zu reisen; wir hoffen ganz stark auf eine Wiederholung in Ecuador. Da haben die Entfernungen glücklicherweise nicht mehr die bisher gewohnte südamerikanische Dimension, wir sollten es also schaffen uns wiederzusehen.

Die Strecke über Jaen nach San Ignacio und Namballe kam uns fast schon ein wenig asiatisch vor - Reisfelder über Reisfelder, sanfte Hügel und unzählige Tuk-Tuks in den Ortschaften. Die Einreise im ecuadorianischen Grenzort La Balsa hielt zunächst eine Schrecksekunde bereit. Die Zollbeamten teilten uns nämlich mit, dass es bis zum Abend keinen Strom gibt und sie deshalb kein Einreisedokument für unser Auto ausstellen können. Diese Logik wollte uns nicht so recht aufgehen, denn selbst wenn der Computer nicht funktioniert, sollte es doch möglich sein, die Daten zu notieren und das Dokument auszufüllen.. Nachdem wir ein bisschen hin- und herdiskutiert, mitleiderregend geschaut und versprochen hatten, nicht nach Kolumbien weiterzufahren (warum das ein Problem sein soll, blieb uns bis zum Schluss schleierhaft..),  durften wir das Formular in doppelter Ausfertigung selbst ausfüllen, ließen ein paar Kopien von Führer- und Fahrzeugschein da - und schon hatten wir das notwendige Dokument. Einzige Einschränkung: das Auto darf nur 60 Tage bleiben, wir 90. Auch was diese Beschränkung mit dem fehlenden Computer zu tun hat, ist ein Rätsel. 

Ecuador begrüßte uns mit wolkenverhangenem Dschungel und Dauerregen bis kurz vor Vilcabamba, unserer ersten Station im "neuen" Land. Jetzt sind wir sehr gespannt, was uns hier in den nächsten Wochen erwartet.

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