Im Reich des Kondor
 
Chile-J0080012.jpg Patag0169.jpg Patag0244.jpg Patag0494.JPG
HomeReiseberichteÜber & An unsFahrzeugeRandnotizen

 

Bevor wir uns aus Puno verabschieden, fahren wir etwas nach außerhalb der Stadt, dorthin, wo das Schilf für die Uros-Inseln wächst und "geerntet" wird. Die Uros, schwimmende Inseln, die aus mehreren Schilfschichten bestehen, die ständig erneuert werden müssen, haben wir schon vor fünf Jahren mit einer Tour besucht, deshalb sparen wir uns das diesmal. Mittlerweile leben nur noch wenige der Uro-Nachfahren auf den 40 Inseln in der Bucht von Puno, nur zu einigen wenigen davon werden die Touristen "gekarrt". Schon bei unserem ersten Besuch in Puno hätte ich zu gern am Ufer angehalten (damals rauschten wir im Bus vorbei) und wäre rumgeschlendert, wo das Schilf wächst. Trotz Samstag waren tatsächlich einige Leute bei der Arbeit, die sich ausnahmsweise auch ohne Geldforderung fotografieren ließen.

IMG_1992.JPG IMG_2002.JPG IMG_2004.JPG IMG_2009.JPG IMG_2018.JPG IMG_2022.JPG

Etwa 30 Kilometer von Puno entfernt liegt Sillustani, bekannt wegen der Chullpas, der Grabtürme, die hier aus der Inka- und Vorinkazeit erhalten geblieben sind. Wann genau die Türme gebaut wurden, ist nicht bekannt; fest steht allerdings, dass es vor der Eroberung des Hochlandvolkes der Colla durch die Inka war, die die Bauweise übernahmen und verfeinerten. Vor allem wegen der abgeschiedenen Lage oberhalb des Lago Umayo wirkt das Ganze sehr mystisch, besonders zu Sonnenuntergang. Wir kamen kurz vor 5 Uhr nachmittags an, handelten mit dem netten Eintrittskartenverkäufer gleich aus, dass wir mit demselben Ticket heute abend und morgen vormittag in die Anlage wollen und schauten zu, wie die Sonne langsam über den Ruinen verschwindet. Die Grabtürme dienten zur Bestattung hoher Würdenträger und wichtiger Personen samt deren Familien, Dienern, Nahrung und Besitz. In Sillustani wurden 12 Türme errichtet, zwei davon befanden sich offensichtlich noch im Bau. Mit 12 Meter soll der Chullpa de Lagarta der höchste Grabturm Südamerikas sein. Naturgewalten und Grabräuber ließen von den Türmen leider nicht allzu viel übrig, und trotzdem hat dieser Platz eine ganz besondere Atmosphäre.

Da uns der Parkplatz der Anlage zum Übernachten etwas zu exponiert war, fuhren wir einfach eine kleine Straße den Hang hinauf und fanden dort einen wunderschönen Schlafplatz direkt gegenüber der Türme. Und wie versprochen schauten wir auch am nächsten Tag bei "richtigem" Licht nochmal vorbei. Die Wirkung ist dann eine ganz andere.

IMG_2030.JPG IMG_2034.JPG IMG_2042.JPG IMG_2043.JPG IMG_2053.JPG
IMG_2057.JPG IMG_2065.JPG IMG_2073.JPG IMG_2078.JPG IMG_2095.JPG

Da wir vom Titicacasee noch nicht endgültig Abschied nehmen wollten, fuhren wir auf die Halbinsel Capachica und übernachteten dort am Playa Chifron. Das Wort Playa sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass es wenig Chancen auf Beachlife gibt, das Wasser hat weniger als 10°C und der stetige Wind verhindert sogar, dass man mal nur im T-Shirt dasitzen könnte. Und trotzdem konnten wir uns kaum losreißen von diesem See.

IMG_2101.JPG IMG_2106.JPG IMG_2111.JPG IMG_2120.JPG IMG_2123.JPG

Schon am Sonntag hatte Jürgen kleine Unregelmäßigkeiten am Auto, genauer gesagt am Stoßdämpfer vorn links, entdeckt. Und noch bevor wir am Montagmorgen losfuhren, war klar, dass wir bzw. der Toyota dringend eine Werkstatt brauchten. Da wir näher an Juliaca als an Puno waren, ver-suchten wir es zunächst dort. Gleich hinter dem Ortseingang stand ein Polizist rum,  den wir nach einer Toyota-Werkstatt fragten. Tja, so etwas gebe es erst wieder in Cusco, gute 350 Kilometer entfernt. Aber nachdem er unser Problem erfragt hatte, fuhr er uns doch glatt zu einer Werkstatt. Dort waren wir und unser Auto im Nu von einem Dutzend Leuten - Mechaniker, Lehrlinge, der Chef höchstpersönlich und Nachbarn - umringt, die gesamte Firma beschäftigte sich nur noch mit uns. Die Profis bauten blitzschnell den Stoßdämpfer aus, der nicht mehr zu reparieren war, der Chef fuhr mit seinem Auto mit Jürgen einen neuen kaufen und keine halbe Stunde später war alles wieder in Ordnung. Für etwas mehr als 25 Euro hatten wir einen neuen Stoßdämpfer gekauft, eingebaut bekommen und kostenlos etliche Erinnerungsfotos verteilt. Die Jungs waren supernett und freuten sich richtig, uns helfen zu können.

Gleiches dachten wir auch von den Polizisten (in der Zwischenzeit war der Chef des netten Motorradpolizisten dazugekommen und hatte unser Zoll-dokument fürs Auto an sich genommen). Als die beiden uns sogar noch aus der Stadt lotsen wollten, war klar, worum es ihnen ging. Und richtig, am Stadtrand stellte sich der Chef ganz relaxt neben unser Auto, zeigte uns den Weg auf der Karte, grinste uns an und forderte dann recht eindeutig eine multa. Dieses Wort kennen wir ja schon von Bolivien, und wir hatten eh' damit gerechnet, dass die beiden an uns was verdienen wollten. In weiser Voraussicht hatte ich die großen Scheine aus dem Portemonnaie genommen, und als der freche Typ den 100-Soles-Schein haben wollte, konnten wir sagen "Das geht nicht, die sind für unseren nächsten Tage". Nach kurzem  Hin und Her gaben wir ihnen unsere Kleingeldbestände, 40 Soles (ca. 8 Euro). Da wir einfach nur froh waren, die Reparatur so schnell und gut erledigt zu haben, zahlten wir eben auch ein Schmiergeld. Später kam dann aber doch ziemlicher Ärger über die Unverschämtheit auf, uns erst zu helfen und dann ganz dreist dafür Geld zu verlangen. Da wir aber auch nicht ganz unangreifbar waren (uns fehlen noch die vorgeschriebenen reflektierenden  Aufkleber auf dem Auto), wollten wir uns auf keine Diskussion ein-lassen. Seither fragen wir einen Polizisten nicht mal mehr nach dem Weg!!

IMG_2124.JPG IMG_2125.JPG IMG_2142.JPG IMG_2145.JPG IMG_2153.JPG IMG_2156.JPG

Ab Juliaca kamen wir gut vorwärts, nach zwei Stunden superguter Asphaltstraße erreichten wir schon die Abzweigung zum Colca-Canyon. Anders als auf unserer Karte verzeichnet, ging es auch mit Asphalt weiter. So kamen wir bis zum Abend nach Chivay, dem größten Ort im Canyon. Auf dem Weg dorthin hatten wir den 4800 Meter hohen Patapampa-Pass mit dem tollen Mirador de los Volcanos zu überqueren, wo Tausende von Steinmännchen gebaut sind; wir mussten natürlich auch unser Zeichen hinterlassen.

Der Rio Colca hat über Jahrmillionen eine bis zu 3400 Meter Schlucht gegraben, damit ist der Canyon zumindest rein rechnerisch tiefer als der Grand Canyon. Die Tiefe ergibt sich allerdings nur daraus, dass die Höhendifferenz zwischen dem 5226 Meter hohen Senal Ajirhua und dem Fluss, der auf 1050 Meter liegt, gemessen wird. Das Colca-Tal gehört seit Jahrhunderten zu den landwirtschaftlich bedeutendsten Gebieten Perus; schon von Völkern vor den Inkas wurden Terassenfelder und künstliche Bewässerungskanäle angelegt, auf denen Mais, Bohnen und Kartoffeln und viele Obst- und Gemü-sesorten angebaut werden. Mehr als 20 Kakteensorten wachsen im Canyon - manchmal kamen wir uns fast vor wie in Mexiko. Die eigentliche Attrak-tion sind aber die frei lebenden Kondore, die täglich von Heerscharen von Touris am Cruz del Condor beobachtet werden. Wir übernachteten gleich auf dem Parkplatz des Aussichtspunktes und waren am Morgen schon kurz nach Sonnenaufgang bereit zum Kondor-Gucken. Gemeinsam mit vier anderen deutschen Backpackern (natürlich wieder die pünktlichen Deutschen..) mussten wir allerdings von den Locals, die noch in aller Ruhe ihre Verkaufs-stände aufbauten, erfahren, dass die Kondore nicht vor 8, halb 9 auftauchen werden. Sämtliche Reiseführer, die dringend empfohlen hatten, sehr früh da zu sein, hatten also mal wieder Quatsch geschrieben.. Nun ja, wir konnten uns zumindest nett unterhalten und unsere Reiseerfahrungen aus-tauschen. Bis gegen 8 Uhr füllte sich der Aussichtspunkt dann auch ordentlich - frühzeitiges Kommen sichert die besten Plätze, wir saßen in der ersten Reihe mit direktem Blick in den 1200 Meter tiefen Abgrund.

Man hatte schon fast das Gefühl, bei einem Konzert zu sein, wo sich die Band auch erst mal ein wenig feiern lässt, bis sie auftritt. Genau um 8.43 Uhr kam dann der erste Kondor fast vom Grund der Schlucht schön langsam nach oben geschwebt. Erst nur als kleiner Punkt zu erkennen, schraubte er sich immer höher, bis er direkt auf Augenhöhe zwei Mal sehr fotogen die Reihe der staunenden Menschen abflog. Wirklich eine große Show! Leider startete nur noch ein zweiter, der aber wohl zwischendurch in seine Höhle abtauchte und auch nicht mehr hervorkam. Da fast alle anderen Leute mit organisierten Touren da waren, gingen die meisten bis 10 Uhr wieder - und verpassten damit einiges!  Wir genossen erstmal in aller Ruhe unser Früh-stück, und tatsächlich kamen gegen Mittag weitere Kondore die Schlucht emporgeschwebt. Diesmal standen wir ganz allein am Aussichtspunkt und bewunderten diese majestätischen Vögel. Fast ohne einen einzigen Flügelschlag schrauben sie sich über viele Hundert Meter in die Höhe und gleiten durch die Lüfte.

Wenn es eines Beweises bedurfte, dass das Reisen mit dem eigenen Fahrzeug unbestreitbare Vorteile hat, dann war es dieser Tag. Außer uns hatten alle anderen ganze zwei Kondore gesehen; mittags kreisten zeitweise fünf gleichzeitig über unseren Köpfen!!

IMG_2175.JPG IMG_2176.JPG IMG_2183.JPG IMG_2197.JPG IMG_2201.JPG IMG_2216.JPG
IMG_2223.JPG IMG_2232.JPG IMG_2241.JPG IMG_2251.JPG IMG_2252.JPG IMG_2254.JPG
IMG_2263.JPG

IMG_2281.JPG

IMG_2284.JPG IMG_2289.JPG IMG_2292.JPG IMG_2298.JPG

Mal wieder über kleine Straßen machten wir uns am Nachmittag auf den Weg nach Cusco; über eine relativ gute Erdpiste zwischen Sibayo und Yauri (die auf der Karte natürlich mal wieder fehlte..) und weiter bis Sicuani kamen wir schon am kommenden Nachmittag in Cusco an. Den Campingplatz Quinta Lala, den nahezu alle Reisenden mit dem eigenen Fahrzeug ansteuern (der aber offiziell gar kein Campingplatz ist; wir alle sind hier nur auf Einladung des netten holländischen Besitzers Helmi..), fanden wir nach einem kurzen Blick ins Internet auch sehr schnell. Der Platz liegt wunderschön oberhalb der Stadt ganz in der Nähe der Festung von Saqsaywaman, mit großen Bäumen rundherum und einem beheizten Häuschen für die kalten Abende. Wie im Urlaub!! Und zu unserer großen Freude war der Platz auch nicht leer. Nach zwei Monaten trafen wir sogar die belgische Familie wie-der, mit der wir in Buenos Aires gemeinsam die Autos aus dem Zoll befreit hatten.

IMG_2308.JPG IMG_2311.JPG IMG_2312.JPG

Heute (Freitag) verbrachten wir zwölf Camper einen supersupernetten Tag mit gemeinsamem Barbeque, das bis Sonnenuntergang dauerte.

Wie lange wir noch in Cusco bleiben und was wir von hier aus unterneh-men werden, bevor es weiter Richtung Norden geht - schau'n mer mal.

ZurückNach obenWeiter

Copyright (c) 2009 Jürgen& Yves. Alle Rechte vorbehalten.

yvesjuergen@andencruiser.de