Peaks of the Balkans

 

 

 
 
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Schon lange bevor wir den Balkan als Ziel unserer ersten längeren Tour nach dem Ausstieg gewählt hatten, wollten wir den 'Peaks of the Balkans', einen Weitwanderweg über gut 200 km im Dreiländereck Albanien/Kosovo/Montenegro, gehen. Streng genommen kam uns erst damit die Gegend auch für eine längere Reise in den Sinn. Nachdem wir von unserer Wanderung auf dem Lykischen Weg mit Zelt (und damit unabhängig von Orten und Hotels oder Pensionen) sehr begeistert waren, wollten wir auf die Art auch auf dem POB unterwegs sein. Wie sich herausstellte, sind die Möglichkeiten, Lebensmittel zu kaufen, hier aber so selten, dass man sich - ohne Verpflegung für mehrere Tage zu tragen - kaum selbst versorgen kann und damit zwangsläufig auf die Gästehäuser angewiesen ist. Trotzdem haben wir die Entscheidung, Zelt und Campingausrüstung dabei zu haben, nicht bereut, denn unsere tolle Abschlussetappe wäre ohne nicht möglich gewesen, außerdem war Campen bei den Gästehäusern deutlich günstiger als ein Zimmer, manchmal sogar kostenlos.

Da der POB grenzüberschreitend verläuft, müssen einige Wochen im voraus Genehmigungen bei der Polizei der drei beteiligten Länder für die einzelnen Grenzübertritte (mit genauem Datum!) beantragt werden. Wir haben das über die albanische Agentur Zbulo gemacht, die zwar eine kleine Gebühr verlangt, das Prozedere sich so aber deutlich vereinfacht. Dass die Polizei - wenn man kontrolliert wird - nicht sonderlich tolerant ist, wenn die vorher angegebenen Daten nicht eingehalten werden, hatten wir mehrfach gelesen. Dass damit das Startdatum und der Ablauf der Tour - sprich zusätzliche Gipfelbesteigungen oder Ruhetage -  festgelegt waren, gefiel uns nicht so gut, ließ sich aber nicht ändern. Kurzfristig gibt es keine Chance, die Genehmigungen zu bekommen; ganz ohne zu gehen, wollten wir auch nicht riskieren. Dass wir wegen der zeitweise schlechten Wettervorhersage für die Berge mit drei Tagen Verspätung starten würden, hatte sich nun so ergeben.

Ich verfahre bei diesem Bericht mal ein wenig anders als bei den bisherigen und werde den Text kurz halten und in erster Linie die Bilder (vor allem die Panorama-Fotos) sprechen lassen. Außer ein paar grundsätzlichen Infos beschreibe ich die einzelnen Etappen nicht, dafür gibt es gute Wanderführer.

Fahrt nach Theth über die nördliche Zufahrtsroute (Asphalt bis zum Thora-Pass, dann gute Piste) und kleiner Dorfrundgang

Tag 1: Theth - Valbona. 17,9 km, 1125 Meter Anstieg/920 Meter Abstieg; Wetter gut, ab mittags Wolken; leichte Schwierigkeiten, sich an den Rucksack zu gewöhnen.

Tag 2: Valbona - Ceremi (über Qafa e Prosllopit). 16,2 km, 1230 Meter Anstieg/1060 Meter Abstieg; Wetter gut, über Mittag Wolken; wunderschöne Blumenwiesen!

Tag 3: Ceremi - Doberdol. 16,5 km, 1140 Meter Anstieg/485 Meter Abstieg; Wetter super, abends eine Stunde heftiges Gewitter (das wir im Matratzenlager aussitzen); sehr einfaches, aber superfreundliches Guesthouse.

Tag 4: Doberdol - Milishevc. 17,5 km, 900 Meter Anstieg/1040 Meter Abstieg. Den für diesen Tag geplanten Aufstieg auf den Gjeravica (mit 2656 m höchster Berg des Kosovo) lassen wir aus. Wetter gut, aber windig und deshalb kalt; zwischendurch eine knappe Stunde Regen, dann wieder Sonne; sehr schönes Guesthouse Lojza mit superleckerem Essen und sehr netten Besitzern!

Grenzübertritt in den Kosovo (und keiner kontrolliert unser Permit .. enttäuschend)

Zwischen den beiden Bildern liegt weniger als eine Stunde - das Wetter wechselt hier öfter als in Schottland..

Tag 5: Milishevc - Reke e Allages. 19,3 km, 1060 Meter Anstieg/1445 Meter Abstieg; Wetter schlecht, bis Mittag Regen, dann nur noch wolkig; mehrere Kilometer auf Asphaltstraße; sehr schönes Guesthouse Ariu mit superleckerem Essen!

Frustpause mit Bier und Wein (wegen Mistwetter, matschiger Wege und wackeliger Beine nach supersteilem Abstieg)

Tag 6: Reke e Allages - Guri i Kuq. 23,2 km, 1270 Meter Anstieg/1180 Meter Abstieg. Wetter erst geht so, dann sehr schön. Geplanter Aufstieg auf den Hajla entfällt, der ist komplett in Wolken. Wir wandern durch deutsches Mittelgebirge, essen uns mal wieder an Waldbeeren aller Art satt und sind erstaunt über die schönen Dörfer.

Andere Länder - andere Sitten (und Friedhöfe)

Halbzeit - das haben wir uns verdient!

Tag 7: Guri i Kuq - Babino Polje - Plav. 18,6 km, 1190 Meter Anstieg/1690 Meter Abstieg. Am Morgen kontrolliert die kosovarische Polizei tatsächlich unser Permit und zeigt sich nach gutem Zureden gnädig, dass wir einen Tag "zu spät" sind. Wetter beschissen (Regen, Nebel, Wind, kalt), erst kurz vor Etappenende hört es zumindest auf zu regnen. Von der Landschaft sehen wir null, wir sind nass bis auf die Haut, in den Schuhen steht das Wasser. Wegen unverschämter Preise der Gästehäuser in Babino Polje fahren wir per Anhalter (mit einem ca. 13-jährigen Fahrer..) nach Plav und lassen damit diese Etappe aus. Hektische, laute Stadt, Campingplatz Camp Lake Views nicht gut (laut, unschöne Sanitäranlagen).

Tag 8: Plav/Gusinje - Katun Zastan. 14,7 km, 550 Meter Anstieg. Wetter morgens nicht gut, deshalb skippen wir auch die Etappe von Plav nach Vusanje. Taxi nach Gusinje, dort Einkauf für zwei Zelttage; über die Ali-Pasha-Quellen nach Vusanje, vorbei am "blauen Auge" Oko - Syni Skakavcit und noch bis zur Almwiese Katun Zastan.

Zwischendurch sind wir immer wieder fassungslos angesichts des Müllproblems, das aber nur wir als Problem wahrnehmen.

Tag 9: Katun Zastan - Jezerca (2694 m) - Liquenat e Jezerces. 12,9 km, 1430 Meter Anstieg/970 Meter Abstieg. Wetter sehr schön, ab Mittag und mit zunehmender Höhe Wolken, abends wieder wolkenlos. Besteigung des Jezerca ohne Gepäck, Zelt wird am oberen See der Liquenat e Jezerces aufgestellt. Noch viele Schneefelder, die uns aber keine Probleme machen. Oben Wahnsinns-360°-Panorama. Zeltplatz der Extraklasse, nur beim Abendessen hapert's: der (gedacht) gewürzt gekaufte Bulgur entpuppt sich am Abend als Gemüsebrühe in höchster Konzentration.

Ein wenig Spiegelei-Spielerei.

Diesen Schlafplatz werden wir so schnell nicht vergessen. Allein dafür hat es sich gelohnt, die zusätzlichen Kilo für Zelt etc. zu tragen!

Tag 10: Liquenat e Jezerces - Theth. 17,7 km, 630 Meter Anstieg/1695 Meter Abstieg. Wetter sensationell gut, Sonne pur, warm, beim Abstieg sogar heiß. Letzter Wandertag durch die Bergwelt des Prokletije, die oft an die Dolomiten erinnert, mit langem Abstieg zum Schluss nach Theth.

Morgens genießen wir noch einmal in vollen Zügen unseren Zeltplatz.

 

Glücklich und etwas erschöpft beenden wir unsere Wandertour nach zehn Tagen in Theth.

Dann geht es zurück nach Shkoder auf "unseren" Campingplatz - ein oder zwei Tage Pause müssen jetzt sein.

Als Fazit bleibt zuallererst, dass wir sehr froh sind, dass wir uns von den unsicheren Wetteraussichten nicht abschrecken ließen und die Tour gegangen sind. Wir haben viele verschiedene Landschaften gesehen - jeder Tag war anders. Auch beim Wetter hatten wir (fast) alles; doch selbst der schlimme Regentag hatte irgendwas - und sei es auch nur die Erkenntnis, dass wir trotzdem gelaufen sind. Am Ende stehen gute 200 km, viele steile An- und Abstiege, viele wunderschöne Blumenwiesen, viele nette Leute, die wir unterwegs getroffen haben, sowohl Einheimische als auch andere Wanderer. Etwas überrascht waren wir von den Preisen: in der Regel kostet eine Übernachtung mit Abendessen und Frühstück 25 €/Person (Camping 15€/Person), Getränke (selbst Tee) teilweise noch extra. Das Essen war immer gut, oft sogar sehr gut; dass es auch gewöhnungsbedürftige Dinge (wie eine Art Käsesuppe zum Frühstück) gab, gehört dazu. Und da man kaum irgendwo einkaufen kann, lassen sich diese Kosten kaum reduzieren. In etlichen Etappenorten gibt es weder Strom noch Handyempfang; den diesjährigen WM-Gewinner erfuhren wir folglich zwei Tage später.

Man darf gespannt sein, wie sich der 'Peaks of the Balkans' entwickeln wird. Die Einheimischen erwarten (oder hoffen auf) noch viel mehr Wanderer - allerorten werden neue Gästehäuser gebaut oder bestehende erweitert, auch etliche Straßen sind im Bau. Wir haben außer auf der beliebtesten Etappe Theth-Valbona am Tag nicht mehr als ein Dutzend Wanderer getroffen, überlaufen ist der POB also noch lange nicht. Wer Spaß am anstrengenden Wandern hat und daran, auf neue Landschaften und Menschen zu treffen, die umständliche Anreise und die teilweise wirklich nicht luxuriösen Unterkünfte nicht scheut, findet im Dreiländereck Albanien/Kosovo/Montenegro ein lohnendes Ziel.

Wir machen uns jetzt auf Richtung Süden - Albanien hat noch viel mehr zu bieten; und auch der Plan, nach Griechenland und Mazedonien zu "schnuppern",  besteht noch.

 

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