Lange haben wir uns vor diesem letzten Reisebericht gedrückt. Anfangs konnten wir uns noch damit rausreden, dass wir mitten im dicksten Weihnachtsstress zurückgekommen sind, dann fehlte zum letztendlichen Zurückkommen ja noch unser Auto, und irgendwann wurde die Zeit schon wieder knapper, weil wir wieder arbeiten. Aber alle mehr oder weniger brauchbaren Ausreden helfen nicht - auch der Bericht "muss" geschrieben werden.
Unsere letzten Tage auf südamerikanischem Boden sind durchaus typisch für die Reise, es kommt oft etwas anders als geplant. Denn eigentlich wollten wir ganz entspannt noch ein bisschen shoppen gehen und sonst nichts mehr tun. Vor dem Zollbüro im Hafen lernten wir dann aber die beiden Schweizer Nico und Ivo kennen, die mit ihrem Camper in den letzten zwei Jahren auf dem amerikanischen Kontinent unterwegs waren und von denen wir in Peru gehört hatten. Und schon wurden stundenlang Erfahrungen ausgetauscht, über Reisebekannte gesprochen und gemeinsam die Verschiffung organisiert. Die beiden hatten wie wir einen Container für die Gran Buenos Aires gebucht. Da wir die verschiedenen Stellen im Hafen bereits von der Einreise kannten, gingen wir das Ganze diesmal etwas lockerer an. Am Mittwochmittag waren wir in Buenos Aires angekommen, bis zum Abend führten wir den ersten Teil des Papierkrieges für die Verschiffung, der Abend ging zu einem guten Teil für die Suche nach einem Hostal mit nahe gelegenem und vertrauenswürdigem Parkplatz drauf. Am Ende wurden wir im Stadtteil Palermo fündig und waren damit auch bis zur Abreise sehr zu-frieden.
Es blieben noch volle zwei Tage, am Samstagmittag würde unser Flieger gehen. Die gute Dame von der Agentur Turner war gar nicht glücklich, dass wir nur so wenig Zeit für die Verschiffung eingeplant hatten; wir waren überzeugt, dass das reichen würde. Donnerstagvormittag verbrachten wir bei den verschiedenen Stellen im Hafen, unter anderem trafen wir auch die unglaublich fleißige Blondine vom Zoll wieder, die uns im Mai fast in den Wahn-sinn getrieben hatte.. Dieses Mal war die Atmosphäre deutlich entspannter (vielleicht waren wir das auch?!), gemeinsam mit drei Zollbeamten und einem Italiener, der sein Motorrad wieder gen Heimat schickte, wurde über tausend Dinge philosophiert: von der neuen argentinischen Präsidentin Christina Kirchner, über die Frage, wer die beste Pizza der Welt macht, bis zum Glück, dass wir Europäer haben, uns solche Reisen leisten zu können. Die Formalitäten waren nur noch Nebensache. Schon am Mittag waren wir mit allem durch, nur das Verladen in den Container blieb für den nächsten Tag. Den Nachmittag verbrachten wir mit Nico und Ivo in Kneipen im äußerst netten Hafenviertel Puerto Madero, am Abend hatten wir uns mit Christoph verabredet, der gemeinsam mit uns die Galapagos-Kreuzfahrt gemacht hatte und nach drei Monaten Rundreise seine letzten Urlaubstage nun ebenfalls in Buenos Aires verbrachte. Wir hatten uns dem argentinischen Tagesablauf schon vollkommen angepasst und waren ab ca. 22.30 Uhr beim Essen, die kleine Wiedersehensfeier dauerte bis morgens 4 Uhr.. Dass wir es noch nicht geschafft hatten, den geplanten Wein-Großeinkauf zu erledi-gen, eigentlich aber gegen 9 Uhr im Hafen sein wollten, machte den Morgen nicht einfacher. Im Eiltempo durchkämmten wir die riesige Weinabteilung im noch riesigeren Carrefour-Supermarkt, der auf dem Weg zum Hafen lag. Dass nun das Auto voller Kartons stand und keine Zeit mehr zum anstän-digen Verstauen blieb, nahmen wir so hin. Kurz nach zehn fuhren wir ganz frech an der Lkw-Warteschlange am Hafeneingang vorbei; nach ein wenig Hin- und Herhetzen zwischen schon bereit stehendem Container und Zoll, wo wir die Plombe zum Verschließen des Containers abholen sollten, was aber nicht so richtig funktionierte, war unser Auto keine halbe Stunde später verpackt.
Der Rest ist schnell erzählt. Am Freitagabend gönnten wir uns ein edles Abschiedsessen in einem sehr chicen Restaurant in Palermo, am Samstag-mittag ging es ab Buenos Aires über Santiago de Chile und Madrid nach Frankfurt. Bei gefühlten -30 Grad kamen wir in Deutschland an, zur Wieder-sehensfreude kamen noch am Flughafen gleich zwei Beweise der unübertroffen freundlichen Menschen in Deutschland. In die eigene Wohnung zu kommen, war sowohl schön als auch merkwürdig. Dass wir wegen Wassermangels nicht duschen konnten (der Absperrhahn klemmte, und es war Sonntag..), erleichterte die Eingewöhnung erheblich. Bis Weihnachten waren es nur noch wenige Tage; bei bitterer Kälte mit einem Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt zu stehen, kam uns etwas surreal vor. Während der Feiertage war ausschließlich Familie angesagt; nur zu sagen, dass es schön war alle wiederzusehen, trifft es nicht ganz.. Silvester war uns nicht nach Party, irgendwie hatten wir mehr und mehr das Gefühl, uns verstecken und einigeln zu wollen.
Was für ein komisches Gefühl, mit dem Schotterpisten gewöhnten Andencruiser über deutsche Autobahnen zu rollen. Wie muss er sich erst gefühlt haben?!? In dem Moment, als der Toyota im Baumweg geparkt wurde, war die Reise nun also endgültig vorbei. Es ließe sich lang und breit darüber philosophieren, wie es uns beim Heimkommen ging. Letztlich lässt es sich aber kurz zusammenfassen: nicht so gut. So schön es ist, Familie und Freun- de wieder in der Nähe zu haben, regelmäßig und warm duschen zu können und sich wöchentlich mit dem SZ Magazin zu vergnügen - die Freiheit und das Reisen, wie wir es in den letzten Monaten kennen- und, auch wenn es pathetisch klingt, liebengelernt hatten, ersetzt das nicht. Und auch die unbe-schwerte und freundliche Art der Südamerikaner geht uns ziemlich ab. Benzin-, Obst- und die Restaurantpreise tun ein Übriges.. Mit ziemlich großer Wehmut verfolgen wir die Reisebekannten, die noch "drüben" sind, auf ihren Homepages. Reiseberichte aus dem sommerlichen Patagonien zu lesen, während wir im grauen Deutschland sitzen und wieder einem geregelten Leben nachgehen, hat schon was Masochistisches. Aus all den Gründen steht für uns fest, dass wir mit der nächsten Reise nicht allzu lang warten wollen. Ein, zwei Jahre wird Geld verdient, dann wollen wir wieder aufbrechen.
Viel mehr bleibt nun nicht mehr zu sagen. Wir sind froh über (fast) jeden Moment unserer Reise, wir haben nie bereut, dafür die Jobs gekündigt und unsere Lieben zurückgelassen zu haben. Und es vergeht kein einziger Tag, an dem man nicht an irgendein Erlebnis aus sieben Monaten Südamerika denkt. So oft haben wir gehört "Oh, schön, so etwas würde ich auch gern mal machen." - wir können nur sagen "Mach es."
Auch wenn die beiden vorherigen Reisen insoweit sicherer waren, als wir in einen festen Job zurückkamen und acht Wochen Urlaub am Stück natür-lich großartig waren, wollten wir noch ein wenig mehr aussteigen. Es war uns wichtig, einmal kein zwingendes Datum zur Rückkehr zu haben. Nicht nur deshalb fühlten wir uns auf dieser Reise noch einen Hauch freier und ungebundener. Wir haben wunderschöne Landschaften gesehen und wunder-bare Menschen kennengelernt; wir haben aber auch Stunde um Stunde auf teilweise üblen Pisten im Auto verbracht. Wir haben monatelang wenig bis nichts getan, und waren am Abend oft trotzdem richtig kaputt. Wir haben die Reise gewagt, von der wir jahrelang geträumt haben und sind uns nun - noch mehr als vorher - sicher, dass das nicht unsere letzte gewesen sein wird.
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