Seit
mehr als anderthalb Jahren sind wir aus Südamerika zurück, und so
lange steht unser Toyota mehr oder minder nutzlos in der Gegend (bzw. in der Scheune) rum. Höchste Zeit, wieder
auf Reisen zu gehen, wenn auch nur für Zeitspannen des Normalbürgers. 2008 hatte die Arbeit einen Urlaub nicht zugelassen, außerdem waren wir nicht wirklich
urlaubsreif, nachdem wir erst zu Jahresbeginn (schweren Herzens) wieder ins Arbeitsleben
eingestiegen waren. 2009 brauchten wir aber doch mal wieder ein
paar Tage abseits von allem. Wir
wollten gern in eine Gegend, in der es Ende August/Anfang September nicht mehr zu voll ist und in der wir ausgiebig wandern können. Da uns
Spanien aus bekanntem Grund irgendwie nahe ist, war das Ziel mit den Pyrenäen
relativ schnell und vor allem einstimmig gewählt.
Bis kurz nach der französischen
Grenze nehmen wir die Autobahn; nachdem wir an der zweiten Mautstation
schon über 10 Euro los sind, beschließen wir, ab jetzt Landstraße zu fahren. Überlegt hatten wir das schon vorher, die saftigen Mautpreise für Wohnmobile beschleunigten die Entscheidung enorm. Wir fahren am ersten Tag bis kurz vor Mitternacht, dann biegen wir in eine kleine Nebenstraße und nochmal in einen Waldweg ab und haben
einen ruhigen Schlafplatz gefunden. Frei stehen ist also auch in Mitteleuropa
einfach möglich - eine gute Erfahrung.
Zwischenstation machen wir in Carcassonne, wo es wahnsinnig heiß ist, wir aber trotzdem ausgiebig die beeindruckende Burg besichtigen. Wir sind von der besterhaltenen mittelalterlichen
Festung in ganz Europa begeistert. Weiter in Richtung Pyrenäen machen wir Halt am Montségur. Im Laufschritt jagen wir den steilen Berg rauf, schauen oben die Reste der Katharer-Festung an. Leider haben wir keinen Ausblick
auf die jetzt schon nahen Berge, da Wolken aufgezogen sind, später regnet es sogar heftig. Noch betrachten wir das
Wetter gelassen, auch wenn am nächsten Morgen die Wolken so tief hängen, dass wir
die Pyrenäen nur erahnen können. In der Hoffnung auf besseres Wetter fahren wir von der französischen Seite, wo wir eh' nicht viel geplant hatten, direkt weiter nach Spanien. Und hier sieht es tatsächlich freundlicher aus. Im Tal von Benasque, wo wir unsere ersten Wanderungen machen wollen, finden wir einen schönen Übernachtungsplatz auf einer Wiese unterhalb des (etwas gruseligen) Hospital de Benasque. Als erklärte Fans der Rother Wanderführer halten wir uns bei unseren Touren
meist an die
kleinen roten Büchlein und werden eigentlich nie enttäuscht; diesmal erwandern wir etliche Vorschläge aus dem Pyrenäen 1-Band. Gleich zu Beginn kombinieren wir zwei Touren zu einem Mammut-Tag; wandern erst auf den Pico de Paderna (2621 m) und anschließend noch zur Plan de Aiguallut. Vom gleichem Ausgangspunkt geht es zur Puerto de la Glata und auf den Pico Sacoux (2671 m). Für die ersten Tage schon mal nicht schlecht.
Auf dem Weg nach Bielsa kommen wir am Canon de Anisclo vorbei und machen von Escalona aus eine kleine (aber sehr feine) Wanderung an der Abbruchkante entlang. Von der Sestrales Alto (2100 m) geht es tausend Meter mehr oder minder senkrecht in die Tiefe. Sehr beeindruckend.
Weiter nach Bielsa, wo wir mal wieder einen Campingplatz nehmen. Von hier geht es bei schönstem Wetter auf dem Höhenweg Faja de la Tormosa in den Circo de Pineta. Der Aufstieg ist irre anstrengend, dann ist nur noch Genusswandern angesagt; ein echter Panoramaweg mit wunderbaren Ausblicken in den weiten Talkessel, am Ende mit Abstieg vorbei an Gumpen und etlichen Wasserfällen.
Auf der Weiterfahrt nach Torla kreuzen wir noch einmal den Canon del Anisclo. Dieses Mal belassen wir es beim Anschauen - ein Ruhetag muss auch mal sein. Am Aussichtspunkt bei der Ermita de la Virgen Collarán hat man einen phantastischen Ausblick auf die gegenüberliegenden Steilhänge der Sestrales. Dem Campingplatz oberhalb von Torla können wir wegen der Aussicht nicht widerstehen. Außerdem ist die
Hochsaison und damit das, was uns an Campingplätzen oft stört, ja vorbei. Wieder bei absolutem Kaiserwetter geht es dann in den Nationalpark Valle de Ordesa. Und der ist ein echter Höhepunkt! Wir entscheiden uns für den Höhenweg Faja de Pelay in den Südwänden des Valle de Ordesa. Auch hier wieder gleich zu Beginn ein mords-anstrengender Aufstieg über 600 Höhenmeter, um dann sehr entspannt auf einem Weg auf nahezu selber Höhe gen Talschluss des Circo de Soaso zu spazieren. Der Rückweg zieht sich dann weniger
spektakulär im Tal entlang.
Wir wären am nächsten Tag auch gern den zweiten, noch anspruchvolleren Höhenweg Faja de las Flores gegangen, aber das Wetter macht uns einen Strich durch die Rechnung. Was am Tag noch undenkbar erschien, am Abend der (in Spanien meist sensationell genaue) Wetterbericht aber schon ankündigte, tritt tatsächlich ein: fette Wolken, Regen. Da bleibt uns leider nichts anderes als die Flucht.
In der Hoffnung, dass das Wetter weiter südlich besser ist, fahren wir in Richtung Huesca. Aber außer Mandelbäumen, die wir - zugegeben - noch nie gesehen haben, erweist sich der Ausflüg in den Süden als wenig ergiebig. Im Gegenteil, nachts geht ein solches Gewitter nieder, dass uns auf der Hochebene, auf der wir stehen, angst und bange wird und wir schlussendlich noch spät am Abend wegfahren und einen weniger exponierten Schlafplatz
suchen. Dann trauen wir uns auch wieder Richtung Berge und wandern vom irgendwie merkwürdigen (Shining lässt grüßen..) Balneario de Panticosa hinauf zur Embalse de Brazato. So viele Heidelbeeren wie hier haben wir noch nie gesehen (und gegessen).
Auch den letzten Tag in den Pyrenäen verbringen wir wandernd; es geht zu den Ibones de Arriel. Man könnte hier noch wochenlang weiterwandern, ohne dass es langweilig wird. Das und die Tatsache, dass wir hier oft sehr schön frei stehen konnten, werden wir uns merken! Fast drei Tage Heimfahrt sind bei der Strecke und unter Auslassen von Autobahnen nicht ungewöhnlich. Und neben vielen neuen Bildern im Kopf haben wir
auch endlich einen neuen Aufkleber auf dem Toyota!
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