Picos de Europa 2014
 
 

 
 

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Die Picos de Europa an der spanischen Atlantikküste sind dem Deutschen als Reiseziel eher unbekannt, auch unter Offroadfahrern ist die Gegend kein Thema. Wir liebäugelten mit diesem Ziel schon lange, stellten uns - warum auch immer - vor, dass es dort sehr schön wäre und man vor allem herrlich unabhängig stehen kann. Nur die lange Anfahrt schreckte uns. Mit drei Wochen Zeit machen wir uns Ende Mai 2014 endlich aber doch auf den Weg. Da das Gebiet selbst gar nicht so groß ist, als dass man dafür drei Wochen Zeit bräuchte, nehmen wir uns für die Hinfahrt gut Zeit. Das Zwischenziel Puy de Domes lassen wir wegen fetter Wolken aus. Nach vielen Kilometern und zwei Übernachtungen in der Nähe von Bergerac und am Atlantikstrand bei Vielle-Saint-Girons machen wir den ersten richtigen Halt in Biarritz. Wir laufen durch die Stadt, spazieren am Strand entlang und finden es ganz nett, sind aber nicht unglücklich, dass wir weiterfahren. Wir hatten uns von vornherein darauf eingestellt, dass wir nicht nur Sonnenschein und hohe Temperaturen erleben würden. Auch, dass es wohl vor allem an der spanischen Atlantikküste eher rauh und windig zugehen würde. Ordentlich Wind erleben wir denn auch gleich an unserem ersten Stellplatz in Spanien, an der Steilküste in der Nähe von Villanueva. Da uns wirklich nichts treibt, schauen wir uns Santillana del Mar an. Ein rein mittelalterliches, im 5. Jahrhundert gegründetes Städtchen, das schon seit 1943 komplett unter Denkmalschutz steht und deshalb auch mehr ein Museumsdorf ist als ein normaler Ort. Im nahen Comillas, das auch einen schönen Ortskern hat, halten wir in erster Linie wegen des von Gaudí erbauten kleinen Palastes "El Capricho". So ein mit Sonnenblumen-Kacheln verziertes Haus hätte ich auch gern..

Am Cabo de Oyambe finden wir nicht nur Traumstrände, sondern vor allem einen Traum-Stellplatz, fast direkt am Strand. Und auch wenn kein klassisches Strandwetter ist, bleiben wir hier zwei Tage und wandern endlos am kilometerlangen Playa de Merón entlang. Selbst zum Einkaufen in San Vicente de la Barquera geht es zu Fuß. Je nach Wasserstand ist der Strand mal fast 50 Meter breit, mal auch nur 20. Da in den Bergen weiter hartnäckig die Wolken hängen, bleiben wir einfach an der Küste und versuchen, uns nicht zu ärgern. Wir sind den Picos schon ziemlich nah, bei klarem Wetter könnte man die Gipfel sehen. Zwischen Andrin und Pendueles machen wir eine schöne Wanderung entlang der Steilküste. Hier liegen die Bufones des las Arenillas, aus denen bei hoher See die Brandung wie ein Geysir rausschießen soll - wir hören nur schaurige Geräusche. Denn obwohl nach unserem Eindruck ziemlich hohe Wellen sind, reichen die offenbar noch nicht aus. An der Playa de Ballota finden wir dann wieder einen traumhaften Stellplatz.

An der Küste hier wähnen wir uns manchmal fast in einer Rosamunde-Pilcher-Verfilmung. Steile Klippen, saftig grüne Wiesen, viel Wind, dazu ab und an noch dekorative Wolken.

Dann ist uns der Wettergott endlich hold: Pünktlich (und passend) zu Jürgens Geburtstag haben wir strahlend blauen Himmel und Sonnenschein. Also nichts wie auf in die Picos; wir sind ja zum Glück schon nah dran. Wegen des Traumwetters haben wir uns als erstes die Ruta del Cares vorgenommen, ein "Absolutes Muss", meint der Rother-Wanderführer. Na dann. In der "Göttlichen Schlucht" läuft man von Poncebos nach Cain auf dem Wartungsweg des Kanals, der das Wasser des Rio Cares zu den Elektrizitätswerken von Poncebos und Arenas de Cabrales bringt. Die Wanderung ist nicht schwierig, aber mit 12 Kilometer in jede Richtung ziemlich lang, schwindelfrei sollte man auch sein, denn neben dem Weg gehts ungesichert in die Schlucht. Zur Hochsaison kann es auf diesem Weg arg voll sein, das ist jetzt im Juni zum Glück noch ganz anders, auch wenn wir natürlich nicht allein unterwegs sind. In Cain steigen wir bis zur Anhöhe Cain de Arriba auf, mit phantastischem Ausblick machen wir hier unsere wohlverdiente Mittagspause. Zurück in Poncebos fahren wir noch zum Mirador Camarena, von dem man den besten Blick auf DEN Berg der Picos hat, den 2519 Meter hohen Naranjo del Bulnes/Pico Uriello. Den werden wir später auch noch aus anderer Perspektive sehen.

Nach einigen Tagen ohne Dusche etc. übernachten wir auf dem Campingplatz in Arenas de Cabrales. Hier stellt sich mir beim Rückwärtsfahren blöderweise ein Baum in den Weg, fortan braucht es zum Schließen der Heckklappe ziemlich Muckis. Am nächsten Tag wollen wir schon die nächste Wanderung machen. Dazu soll es zunächst mit der Seilbahn von Fuente De bergauf gehen. Wir parken in aller Ruhe, packen den Rucksack, sehen eine Gondel nach der anderen bergauf und bergab schweben, und dann schließt das Teil wegen starken Windes vor unserer Nase. Wir werden bald verrückt, zumal die Gondel nach wie vor nach oben fährt, um Leute wieder runterzuholen. Es hilft alles Diskutieren nichts, wir kommen nicht mit hoch. Verdammt. Aber wir finden eine Alternative: Von Espinama aus fahren wir mit dem Auto über eine gute Piste in die Richtung, in der wir wandern wollten, lassen das Auto unterhalb vom Refugio de Aliva stehen und laufen zumindest ein gutes Stück der Tour in die Gegenrichtung. Auf dem Pass auf 1925 Meter stürmt es dermaßen, dass wir Mühe haben, auf den Beinen zu bleiben. Hier oben lässt sich die Entscheidung, die Seilbahn nicht mehr fahren zu lassen, schon nachvollziehen. Wir laufen tapfer durch Sturm und Kälte bis zur Gipfelstation der Bahn und kehren dann um. Ziemlich durchgefroren kommen wir nach einigen Stunden wieder beim Auto an.

Ganz nebenbei entdecken wir bei der Suche nach einem alternativen Start zum Wandern eine sensationelle Piste, die von Espinama nach Sotres führt. Kaum zu glauben, dass die legal befahrbar ist, ist aber so. Ein echter Allradler-Traum, und ganz allein gefunden! Oberhalb von Sotres stehen wir für die Nacht ruhig und ungestört neben der Piste, die wir am nächsten Tag auch direkt zur Anfahrt für unsere nächste Wanderung nutzen.

Die Wanderung zum Refugio de Vega Uriello startet eigentlich in Poncebos, wir steigen beim Collado de Pandébano ein und werden auch keine Rundtour gehen, sondern hin und zurück dieselbe Strecke laufen. Nach zwei Stunden Aufstieg kommen wir am Refugio an, das auf 1960 Meter direkt unterhalb des markanten Picu Uriellu liegt. Hier oben hat es noch ordentlich Schneefelder, und wirklich gemütlich ist es in der Hütte auch nur ganz in der Nähe des Ofens. Wir sind froh, nicht in solchen Temperaturen übernachten zu müssen und machen uns an den Abstieg mit schönen Ausblicken bis zur Küste. Über unsere tolle Piste fahren wir wieder in Richtung Espinama, wo wir unterhalb der Almen der Invernales de Igüedri wieder einen schönen Stellplatz finden.

Am nächsten Tag begeben wir uns auf die Südumfahrung der Picos. Vom Collado de Llesba (1690 m) und dem gleichnamigen Mirador führt eine Wanderung auf den Coriscao auf 2235 Meter. Jürgen hat schon nach ein paar hundert Metern aus unerfindlichen Gründen keine Lust mehr, also gehe ich allein weiter. Und habe nach langem, aber wenig anstrengendem Aufstieg einen echten Panoramablick auf die Picos. Das war keine tagesfüllende Tour, weshalb wir noch ein gutes Stück weiterfahren können. Über Llanaves de la Reina, Portilla de la Reina, Posada de Valdeon und die dazwischen liegenden Pässe fahren wir bis kurz vor Cain, den Zielort der Ruta de Cares, die wir vor einigen Tagen gelaufen sind. Gut versteckt hinter Felsen stehen wir auf einem großen Platz direkt neben der Straße, umgeben von hohen Felswänden. Im Vollmondschein stehen wir wieder an einem wunderschönen Platz.

Unsere Wanderung am nächsten Tag an den Seen oberhalb von Covadonga ist leider nicht von Erfolg gekrönt. Beim Loslaufen am Lago de la Ercina ist das Wetter noch gut, aber in weniger als zwei Stunden zieht es total zu, sodass ein Weiterlaufen zum Refugio Vega de Ario und zum Aussichtspunkt in die Cares-Schlucht sinnlos geworden ist. Schade, aber nicht zu ändern. Zur Entschädigung haben wir bei unserer Rückkehr eine Visitenkarte unterm Scheibenwischer, Absender sind Conny und Tommy (mantoco.com), deren MAN Actionmobil auf dem Parkplatz neben uns stand. Die beiden laden uns auf "ihren" Parkplatz unterhalb von Covadonga ein, wo wir gemeinsam einen sehr schönen Abend verbringen. Mit den beiden, die das Reisen zu ihrem Leben gemacht haben, verbindet uns vieles. Solche Begegnungen mit anderen Reisenden gibt es auf normalen Urlaubsfahrten nicht oft, das fehlt uns. Denn meist sind das entspannte, unterhaltsame Leute, mit denen wir oft viele Ansichten, Vorlieben und Abneigungen gemeinsam haben. Nach dem Frühstück trennen sich unsere Wege. Die beiden fahren weiter mit großer Richtung Afrika-Durchquerung auf der Westroute und angepeilt vier Jahren Reisen auf dem afrikanischen Kontinent, wir haben noch eine Woche bis Frankfurt vor uns. Toll.

Bevor wir aus den Picos rausfahren, schauen wir uns die Wallfahrtskirche in Covadonga an. Dann geht es, weil in den Bergen dicke Wolken hängen, wieder an die Küste zu unserem schönen Stellplatz nahe San Vicente de la Barquera, wo wir den Tag mehr oder minder vertrödeln.

Wir haben das Thema Picos eigentlich schon abgeschlossen, etwas enttäuscht, dass wir nicht mehr Wanderungen machen konnten, als am Morgen so tolles Wetter ist, dass wir die Berge vom Strand aus sehen können. Wir überlegen schnell, welche Wanderung wir am liebsten machen wollen und wie wir am schnellsten dorthin kommen. Logisch, dass wir dabei nochmal die tolle Piste zwischen Sotres und Espinama fahren. Und auch logisch, dass wir eine knackige Tour mit Gipfel ausgesucht haben. Wir lassen das Auto am Refugio de Aliva stehen und wandern den Weg, den wir schon kennen, bis zum Pass hinauf. Heute ist es hier oben sonnig und windstill, ganz anders als vor ein paar Tagen. Am Hang unterhalb der Pena Vieja müssen wir die ersten Schneefelder queren, weiter oben kommen noch mehr. Eine gute Stunde später stehen wir nach einem scharfen Anstieg auf dem Gipfel Torre de los Horcados Rojos (2503 m) und haben Super-Rundumsicht. Es hat sich doch gelohnt, dass wir nochmal die paar Kilometer "Umweg" in die Berge gefahren sind. Die Tour war es definitiv wert.

In der Zwischenzeit hatten wir uns ein paar Gedanken gemacht, wie die Heimfahrt aussehen könnte. Dabei kamen uns (wieder) die Bardenas Reales in den Sinn, mit denen wir schon bei unseren Touren in die Pyrenäen geliebäugelt hatten. Von dort aus war uns das aber zu weit südlich gewesen.

Wenn wir jetzt auf dem Rückweg nicht an der Küste entlangfahren, sondern einen Bogen durchs Landesinnere schlagen würden, wäre das eine gute Möglichkeit für einen Halt in den Bardenas. Guter Plan.

Da unsere letzte Picos-Wanderung nur gut vier Stunden lang war, kommen wir am selben Tag noch bis zur Talsperre bei Aguilar de Campoó. Hier verbringen wir eine ruhige Nacht, erst morgens kommen allerhand Jogger und Spaziergänger vorbei, darunter wohl der Dorfältesten-Rat. Bis zu den Bardenas nordöstlich von Tudela haben wir noch ein gutes Stück zu fahren.

Die Bardenas Reales, ein wüstenähnliches Naturschutzgebiet, sind optisch eine echte Westernkulisse.

Das Areal darf man nur auf festgelegten Wegen befahren, Camping ist leider verboten. Wir müssen uns also mit Durchfahren, Anschauen und kleinen Spazier-gängen durch die Felsen begnügen. Es ist unglaublich heiß, was den Eindruck einer Wüste noch verstärkt. Bis zum Abend sind wir den Rundkurs abgefahren - zu gern hätten wir inmitten der von Wind und Wetter geformten Gipsfelsen auch übernachtet.

Wir fahren noch ein Stück nördlich und finden an einer kleinen Piste zwischen Olaverri und Beortegui einen Traum-Stellplatz. Abgesehen davon, dass schon die Anfahrt Spaß gemacht hat, ist das einer unserer schönsten Plätze überhaupt. Wir stehen auf einer kleinen Anhöhe mit Rundumsicht auf Felder und sanfte Hügel und erleben während und nach dem Sonnenuntergang am Himmel ein wahres Farbenspektakel, gekrönt vom Vollmond, der aus rosa Wolken aufgeht. Für solche Plätze ist der Verzicht auf Komfort wie Dusche etc. auf Campingplätzen noch nicht mal das Wort wert. Dass wir immer wieder solche Plätze finden, macht uns bei unseren Fahrten in Europa wirklich sehr glücklich. Wir hätten nie erwartet, wie einfach es meist (nicht immer!) ist, schöne und ruhige Plätze zu finden. Unser kleiner, geländegängiger Toyota macht es uns natürlich auch einfach, abseits in der freien Wildbahn zu suchen.

Der Rest ist schnell erzählt. Quer durch Frankreich geht es auf Landstraßen in gemächlichem Tempo nach Hause. Wir übernachten am Lac de Saint-Pardoux in der Nähe von Limoges (Hier hören wir am Weltempfänger das 5:1 der Holländer gegen Spanien und schieben es auf die schlechte Qualität der Übertragung und den sich überschlagenden englischen Reporter, dass wir da was falsch verstanden haben müssen..), am Lac Nuisement in der Nähe von Nancy und auf einem Feldweg bei Vatiment in der Nähe von Metz. Jedes Mal stehen wir prima; dieser Urlaub scheint die Tour der schönen Übernachtungsplätze zu sein. Am Ende sind wir insgesamt knapp 4400 Kilometer gefahren. Das Ziel Picos de Europa hat uns nicht enttäuscht, vor allem das Gesamtpaket mit den ausgiebigen Zwischenstops an der spanischen Atlantikküste auf der Hinfahrt und in den Bardenas Reales auf der Rückfahrt, mit größtenteils gutem Wetter, tollen Stell-plätzen und einigen netten Pisten hat uns drei wunderbare Wochen beschert. Spanien ist doch immer wieder eine Reise wert. Wir geben den Dorfältesten, die mit uns an der Talsperre bei Aguilar de Campoó kurz geschwatzt haben, recht: "Espana es bonito, Espana es diferente!"

 

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