Für den Oman als Reiseziel sprach einiges: Im November Temperaturen um 30 Grad, Regenwahrscheinlichkeit nahe Null, Landschaften, die wir noch nicht oder kaum kennen und nicht zuletzt ein Reisebericht auf Spiegel online, der über den Oman als Wildcamping-Paradies schwärmte. Nachdem die Frage eines anständigen Mietautos zur Zufriedenheit geklärt werden konnte, war es beschlossen: zwei Wochen
Oman, vorgebucht nur der Flug, ein Toyota Landcruiser und die erste Hotelnacht in Muscat - der Rest soll mit dem mitgenommenen Zelt und der Basis-Campingausstatung bestritten werden. Ein 4WD-Mietauto zu finden, bei dem das Fahren auf Pisten und in der Wüste nicht ausgeschlossen war, erwies sich als nicht ganz einfach. Bei Bedu Expeditionen wurden wir schließlich doch fündig. Start also am Freitag, dem 13. - wie gehabt mit angenehm kurzer Anreise zum Flughafen (einer der echten Vorteile,
in Frankfurt zu wohnen). In der Hauptstadt Muscat wollten wir von vornherein nicht lange bleiben. Da wir einen Nachtflug haben, bleiben uns fast anderthalb Tage für die Stadt, bevor wir am Sonntagmittag unseren Landcruiser übernehmen würden.
Flug, erster (kleiner) Mietwagen, Hotelsuche, alles problemlos. Mittags schlendern wir schon im Stadtteil Mutrah an der Corniche entlang und erleben unseren ersten Souk. Vieles, was man sich unter Orient vorstellt, findet sich im Oman in echten Bildern - das war schon unser Eindruck nach wenigen Stunden. Dass mit Start am Riyam Park und damit fast mitten in der Stadt auch eine erste kleine Wanderung
über einen felsigen Bergsattel und anschließend durch ein schmales Wadi möglich ist, war für den ersten Tag schon fast mehr, als man erwarten kann. Gegen Abend fahren wir in den Stadtteil Muscat und schauen uns das Regierungsviertel in der "Altstadt" an, das je später es wurde, wie ausgestorben wirkt. Im Lauf des Tages hatten wir von den furchtbaren Ereignissen am Freitagabend in Paris gelesen. Wie weit weg das hier wirkte, war fast umheimlich.
Bevor wir am Sonntag den Landcruiser übernehmen, bleibt noch Zeit für einen ausführlichen Besuch der beeindruckenden Sultan Qaboos Moschee, eine der wenigen Moscheen, die auch für Nichtmuslime und Frauen zugänglich ist. Das gesamte Gelände wirkt wie geleckt, der Marmor glänzt, kein Stäubchen liegt auf dem Boden, nirgends herrscht Hektik oder wird nur laut gesprochen. Die bis vor kurzem größte Moschee der Welt, die
im Innenraum Platz für 6000 Gläubige bietet, mit ihrem riesigen, tonnenschweren Swarowski-Kristallleuchter kann einen nur beeindrucken. Und trotz Prunk wirkt nichts überladen. Allein die Außengänge mit ihren bunten Gebetnischen wären den Besuch wert.
Dann ist der große Moment endlich gekommen: Übernahme des Landcruisers. Was für ein Schiff! Aber was für ein cooles!! Schon vom ersten Ansehen finden wir das Teil klasse und freuten uns riesig drauf, damit unterwegs zu sein. Bevor wir aus der Stadt rausfahren, nutzen wir die Gelegenheit, im Riesen- Hyper-Supermarkt einzukaufen, decken uns
mit allen möglichen Konserven (Hummus aus der Dose!!, Bohnen in hundert Varianten!!) ein, erstehen für relativ kleines Geld eine Kühlbox und eine große Staukiste; beides wird gleichzeitig als Camping"stuhl" dienen. Dass wir die nächsten zwei Wochen auf Bier und Wein verzichten müssen, wussten wir vorher; dass Alkohol tatsächlich so konsequent in allen Läden fehlt, muss man erst mal gesehen haben, um es zu glauben.
Wir verlassen die Hauptstadtregion nach Norden, um in einem weiten Bogen zur Küste zu fahren. Dabei machen wir einen ersten Offroad-Abstecher ins Wadi Al-Arbiyeen, erleben hier zum ersten Mal den Kontrast zwischen kahlen Felsen und Staub und nebenan Palmenhain und Wasserpools. Auch wenn die Sonne schon hinter den hohen Felswänden verschwunden ist, genießen wir noch ein Bad in einem großen Naturpool. Dann geht
es weiter zur Küste, wo wir an einem Strand in der Nähe von Fins problemlos einen wunderschönen Platz für unser Zelt finden. Wir haben die kleine Bucht für uns allein, an "Lärm" gibt es nur Meeresrauschen - genau so hatten wir uns das mit dem Wild-Campen vorgestellt!
Dass die Sonne schon gegen 17 Uhr untergeht und es ab 18 Uhr dunkel ist, hatte uns kalt erwischt (hätten wir uns aber eigentlich denken können..); das Fehlen bequemer Sitzmöglichkeiten und von Alkohol (in der Reihenfolge) trägt dazu bei, dass wir abends ziemlich früh ins Zelt kriechen. Wenn am Morgen die Sonne ab spätestens 7 aufs Zelt knallt, ist an Langschlafen nicht zu denken. Also passt das mit dem
frühen Schlafengehen ganz gut. Nachdem wir das Meer getestet (die Wassertemperaturen hier gefallen sogar Männern) und unser erstes Frühstück genossen haben, fahren wir zum nahen Wadi Shab. 2007 gab es hier große Zerstörungen durch einen Zyklon, uns fällt das aber kaum auf - wir finden unser erstes "richtiges" Wadi klasse. Mr. Cool setzt uns per Boot vom Parkplatz über, von hier kann man für eine gute Stunde ins Wadi hineinwandern. Bei der wirklich krassen Hitze sind die Schwimmbecken
eine echte Wohltat. Wie heiß die Sonne ist, ist unfassbar. Man meint manchmal, in heißer Fönluft zu stehen. Aber nun, wir wollten es warm.
Am späten Nachmittag fahren wir noch ins Wadi Tiwi, das uns nicht ganz so sehr beeindruckt wie das Wadi Shab. Wobei die großen Palmenhaine schon sehr schön anzuschauen sind. Die Nacht verbringen wir wieder an einem Strand bei Fins, wieder allein, wieder wunderschön.
Bei openstreetmaps hatte Jürgen einige Offroadpisten runtergeladen, eine davon führt von der Küste bei Fins über das Hajar-Gebirge in Richtung Ibra. Die Piste steigt direkt hinter der Küste in steilen Serpentinen auf über 1000 Meter an. Hier oben windet es ordentlich und ist auch gleich deutlich kühler.
Wir hatten uns für diese Überquerung entschieden, weil sie neben einer interessanten Piste die Möglichkeit zum Besuch uralter Grabtürme bietet. Angeblich vor 4000 bis 5000 Jahren wurden diese Türme errichtet, sie sind rund 8 Meter hoch und 6 Meter im Durchmesser. Bisher wurden 60 Türme gefunden, einige davon erstaunlich gut erhalten. Teilweise sind sie an sehr exponierten Stellen errichtet; (letztes) Zimmer
mit Aussicht, sozusagen.
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In dieser Gegend liegt auch die Majlis-al-Jinn-Höhle. Die Höhlenkammer ist die weltweit zweitgrößte, an ihrer tiefsten Öffnung erreicht man erst nach 158 Metern den Boden. Der Besuch ist - logisch - nur mit einer organisierten Tour möglich; Abseilen über diese Höhe sollte man nur mit Profis angehen. Auf der Suche nach den Grabtürmen entdecken wir durch Zufall einen der drei Höhleneingänge. Außer
einem immens tiefen schwarzen Loch sehen wir aber nichts, wobei wir uns nicht allzu weit an den Rand wagen wollen. Es ist beeindruckend genug, dass der reingeworfene Stein erst nach gut 5 Sekunden aufschlägt.
Wir fahren weiter ins Wadi Bani Khalid. Da wir außerhalb des Wochenendes hier sind, ist es überhaupt nicht überlaufen. Nachdem wir direkt oberhalb des Dorfes Muqal übernachtet haben, sind wir am Morgen schon recht früh und damit fast allein bei den Pools. Man kann ein Stück entlang der Becken ins Wadi hineinlaufen, die eigentliche Attraktion sind aber die Pools selbst. Durch die verschieden
großen Felsenpools lässt sich herrlich schwimmen. Dass man von Putzerfischen angeknabbert wird, sobald man still hält, ist ein etwas eigenartiges, aber nicht unangenehmes Gefühl.
Unser nächstes Ziel ist der Strand Ras al-Jinz, wo man in einem Reservat Meeresschildkröten bei der Eiablage beobachten kann. Unsere Mail-Anmeldung war zwar nicht angekommen, aber zum Glück gab es noch Plätze in der Gruppe für den frühen Morgen. Kurz nach 5 geht es los, in einer kleinen Gruppe mit zwei Rangern entdecken wir in der Morgendämmerung tatsächlich eine Handvoll Schildkröten, die hier
am Strand tiefe Löcher graben, um ihre ca. 100 Eier abzulegen. Für die Schildkröten ein sehr mühsames Unterfangen, nicht zuletzt, weil die bis zu 140 Kilo schweren Tiere an Land unglaublich unbeweglich sind. Der Strand ist übersät mit Kuhlen, die Spuren der Schildkröten sehen aus wie die von Pistenraupen. Bis nach Sonnenaufgang bleiben wir noch am Strand und retten ganz nebenbei eine frisch geschlüpfte Schildkröte, die sich in einer Plastiktüte (scheiß Müll überall!) verfangen hat und die nächste Stunde
vermutlich nicht überlebt hätte. Auch wenn man die Kleinen nicht zum Wasser tragen soll, in dem Fall hatten wir gar keine andere Wahl.
Dann geht es endlich in Richtung Wüste. Der Plan ist, die Ramlat al-Wahiba von Süd nach Nord zu durchqueren, um vom nördlichen "Ausgang" weiter in die Berge zu fahren. Für die knapp 150 Kilometer lange Durchquerung hatten wir die GPS-Daten einiger Tracks runtergeladen, wobei die meisten von Nord nach Süd fahren. Wir glauben trotzdem, den richtigen Einstieg finden zu können. Unterbrochen nur von
einem Bade-Stop an einem wunderschönen, endlos langen Strand fahren war bis in Höhe von Qihayd; und natürlich gibt es weder eine erkennbare Abzweigung noch einen Wegweiser, wir biegen trotzdem todesmutig vom Asphalt ab. Nach weniger als einem Kilometer eine Sanddüne (oder besser einen Sandhügel..) hinauf stecken wir fest. Zwar hilft uns nach kurzer Zeit ein entgegenkommender Omani aus der misslichen Lage und gibt Jürgen nebenbei auch gleich eine Lektion in Sachen Sand-Fahren (alles eine Frage des
Gasgebens). Aber unser Selbstvertrauen ist deutlich angeknackst. Ganz wohl war uns schon auf den ersten Metern nicht, denn wir hatten zumindest auf irgendeine Art von erkennbarer (und halbwegs befahrbarer) Piste gehofft. Aber das hier war nur tiefer (heißt knöcheltiefer) Sand. Wir hatten auf unseren Reisen schon wirklich schlimme Pisten erfahren; wir kamen mit Geröll, steilen Anstiegen, Gefälle, Serpentinen, Spurrillen und Wellblech zurecht; Wüste und Sand aber war für uns (abgesehen von einem schief
gegangenen Ausflug an einen Strand in Chile) Neuland. Uns, insbesondere mir, war nicht wohl beim Gedanken, hier jetzt weiter allein in die Wüste reinzufahren; auch wenn de facto nichts Schlimmeres als Steckenbleiben passieren kann. Wenn wir uns nach fünf Minuten schon festgefahren haben, wie sollte das die nächsten 100 Kilometer werden - zumal uns unser Helfer zu verstehen gab, dass sich an der "Piste" erstmal nichts ändern wird.
Frustriert, aber relativ kurzentschlossen gehen wir die Alternative an: Auf Asphalt wieder gute 200 Kilometer nach Norden fahren und bei Al-Mintirib sehen, ob wir beim dortigen Einstieg besser zurechtkommen würden. Vielleicht war es auch etwas vermessen zu glauben, dass wir einfach mal so die Wüste durchqueren. Gleichzeitig waren wir aber nicht so vermessen, uns unser Scheitern hier und jetzt
einzugestehen, auch wenn die Enttäuschung wirklich riesig war! Wir würden nicht zum letzten Mal vor (und hoffentlich auch in) einer Wüste stehen.
Dank der hervorragenden omanischen Straßen sind wir nach gut zwei Stunden, größtenteils in eisigem Schweigen verbracht, schon in Al-Mintirib. Und hier sieht es dann so aus, wie wir gehofft hatten: Eine gut erkennbare Piste führt nach Süden; zwar auch hier in relativ tiefem Sand, aber doch befahrbar. Im letzten Sonnenlicht und damit in toller Atmosphäre fahren wir noch etliche Kilometer in
die Wüste hinein. Dass beim Fahren im Sand vor allem Gasgeben und Geschwindigkeit die Geheimnisse sind, hatten wir im Ansatz ja schon erfahren - hier können wir das direkt umsetzen. Was für ein Gefühl, mit 80 km/h über den Sand zu düsen (das Lenkrad natürlich fest in der Hand), vorbei an hohen Dünen und Kamelen. Jetzt waren wir mit dem Tag schon (fast) wieder versöhnt. Unser Zelt wollen wir etwas abseits der Piste aufschlagen; denn auch wenn die nicht befahren ist wie die A3, kommen
doch ab und an Autos. Gleichzeitig wollen wir nicht zu tief ins Gelände, um nicht wieder steckenzubleiben. Was wir finden, ist mehr als gut.
Am nächsten Morgen sind wir schon vor Sonnenaufgang auf den Beinen. Die Sonne steht schon bald über den Dünen, Frühstück geht nur noch im Schatten vom Zelt. Jetzt wollen wir es wissen und fahren die Piste weiter gen Süden, nicht unbedingt mit dem Ziel einer Durchquerung. Aber wir wollen zumindest wissen, wie es "weiter hinten" aussieht. Mittlerweile macht das Fahren richtig
Spaß; mit entsprechend Speed und dem richtigen Auto geht doch einiges. Teilweise sind wir sehr froh, nur mit einem gemieteten Auto unterwegs zu sein. Da tut man sich mit dem Gasgeben, bis es (eigentlich) weh tut, doch leichter. Ganz abgesehen davon, dass auch keine Teller und Gläser zu Bruch gehen können.
Trotz Mörder-Hitze können wir uns eine kleine Dünenwanderung (incl. spaßiger Sprungfotos) nicht verkneifen. Ehrlicherweise muss man aber zugeben, länger als ein Stündchen sind wir nicht zu Fuß unterwegs; und dann bemühen wir erstmal die Klimaanlage. Beim Weiterfahren haben wir irgendwann das Gefühl, dass sich die Blicke nicht mehr ändern, dass die Dünen sogar eher niedriger und die Landschaft weniger
spektakulär wird. Ob Gewöhnungseffekt oder Tatsache, nach ca. 100 Kilometern in die Wüste hinein drehen wir um. Unsere weitere Strecke führt nun mal gen Norden, eine Durchquerung nach Süden ergibt - abseits des Pistenzustands - keinen Sinn.
Diese zwei Tage waren für uns eine echte Erfahrung - sowohl was ihren Verlauf angeht als natürlich auch die Landschaft.
Auch wenn wir nicht so lange und etwas anders als geplant in der Wüste unterwegs waren, hat uns das alles sehr beeindruckt. Und wir wissen nun noch sicherer, dass wir noch viel mehr Wüste(n) sehen wollen.
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Nur weniger als einen Tag nach Hitze und Sand stehen wir in gut 2000 Meter Höhe auf dem Saiq Plateau des Jebel Akhdar. Die Anfahrt über unzählige Serpentinen auf der perfekt ausgebauten Asphaltstraße war mit dem Landcruiser ein Genuss. Ob man uns am Checkpoint am Fuß des Gebirges ohne Allrad tatsächlich retour geschickt hätte, wie es der Reiseführer behauptet, wissen wir nicht. Unser Auto ist für solche Straßen jedenfalls
wie gemacht. Vom Dorf Al-Aqur wollen wir eine Wanderung nach Al-Ain und Sharijah machen. Durch Terrassenfelder und kleine Dörfer, immer mit Blick ins Hunderte Meter tiefer gelegene Tal, sind wir gut zwei Stunden endlich mal wieder laufenderweise unterwegs. Hier oben ist es nicht wirklich kalt (zumindest nicht für den gemeinen Mitteleuropäer), aber nachdem es mehr und mehr bewölkt und dazu ein steifer Wind geht, wird es schon frisch. Deshalb verwerfen wir auch den Gedanken, in der Höhe zu übernachten. Wir fahren
am späten Nachmittag in Richtung Nizwa, wo wir unglaublicherweise keine zehn Kilometer vor der Stadt wieder einen perfekten Zeltplatz finden.
Leider sind wir nicht an einem Freitag in Nizwa und verpassen deshalb den berühmten Viehmarkt. Aber auch das Fort allein lohnt den Zwischenstopp (ganz abgesehen vom Cafe mit Wifi..) Da wir wieder recht früh dran sind, haben wir das Fort nahezu für uns allein. Der Eintritt ist mit 500 Baizas (ca. 1,20 Euro) ein echter Spaßpreis. Die gesamte Anlage wurde renoviert und ist deshalb in sehr gutem Zustand; beeindruckend
ist vor allem die schiere Wucht der Mauern und Gebäude. Der aus dem 9. Jahrhundert stammende Wohnbereich ist im Innern recht spartanisch ausgestattet. Trotzdem wirken die hohen Räume mit ihren bemalten Decken, kunstvollen Nischen und großen Teppichen nicht ungemütlich. Der Turm, der im 17. Jahrhundert gebaut wurde, ist mit 35 Meter Höhe und 45 Meter Durchmesser der mächtigste im Oman. Von hier oben bietet sich eine perfekte Rundumsicht auf die Stadt, die gegenüberliegende Moschee, die
alten verfallenen Lehmhäuser und die nahen Berge. Der Souk ist dann im Vergleich eher unspektakulär, viele Stände sind geschlossen.
Nach einem Einkauf im riesigen Lulu Supermarkt fahren wir weiter in Richtung Bahla. Zum Glück kommt uns die spontane Idee, vorher noch das Wohnfort in Jabrin anzuschauen. Dieser Palast ist wirklich (wie) ein Traum aus tausendundeiner Nacht. Die Räume sind mit traditionellen Gebrauchsgegenständen, Möbeln und Teppichen ausgestattet; einer schöne als der andere. Hier ließ es sich leben. Der 1670 errichtete Palast
war als Ort des Wissens für Gelehrte und Geistliche und als prunkvolle Wohnresidenz gedacht. Da sein Erbauer aber Streit mit dem Bruder hatte, wurden auch Wehrmauern und Kanonentürme gebaut. Die Anlage wirkt trotzdem nicht wie eine Festung, eher wie ein Märchenschloss.
In Bahla besuchen wir (wieder für kleines Geld) das Fort Hisn Tamah, das größte Lehmfort im Oman, erbaut im 17. Jahrhundert auf den Resten einer persischen Anlage. Das wirkt schon eher wie eine Verteidigungsanlage; das Innere ist wiederum sehr karg. Die Räume sind fast labyrinthartig angelegt - hier ein Eingang, dort eine Nische, ein weiterer Ausgang, zwei Mal um die Ecke gebogen - dann
muss man sich erstmal orientieren, wo man jetzt eigentlich steht in diesem riesigen Fort. Auch hier sind wir wieder nur gleichzeitig mit einer Handvoll anderer Touristen da; ob es im Oman jemals voll ist und wenn ja, wann und wo, wir wissen es nicht. Was ist das angenehm!
Von Bahla geht es nur ein paar Kilometer Richtung Berge. Wir wollen ins Dorf Misfah al-Arbiyeen, wo wir am nächsten Tag eine lange Wanderung geplant haben. Wir finden wieder einen grandiosen Platz für unser Zelt; stehen auf einem Plateau mit Blick auf die Berge des Jebel Shams auf der einen und in die Ebene um Bahla auf der anderen Seite. Immer wieder können wir unser Glück kaum fassen, wie einfach man hier schöne
und ungestörte Stellplätze findet.
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Wir haben uns eine ziemlich lange Tour vorgenommen, also heißt es früh aufstehen, und schon kurz nach acht laufen wir in Misfah los. Von der Homepage omantourism.gov hatten wir uns einige halbwegs brauchbare Karten und Beschreibungen von Trekkingrouten ausgedruckt. Die heutige wird so angekündigt: A long trek following an ancient donkey path in the Western Hajar mountains. Wir sind gespannt.
Es geht zunächst durch das alte Bergdorf auf 950 Meter Höhe und wunderschön angelegte Terrassenfelder mit Palmen und Bananenstauden, weiter leicht bergauf, teilweise über Stufen, durch eine Schlucht, dann wieder abwärts in ein ausgetrocknetes Flussbett. Hier machen wir einen entscheidenden Fehler. Statt den rot-weiß-gelben Markierungen zu folgen, laufen wir im Flußbett auf einmal weißen Pfeilen nach.
Gut, wir wundern uns, aber doch nicht so sehr, dass wir umdrehen. Das kommt erst über eine Stunde später, nachdem wir immer tiefer in die Schlucht hineingelaufen sind, obwohl wir eigentlich meinen, dass der Weg oben verlaufen müsste. Jürgen hat die Hoffnung, dass der Weg hinter der nächsten Biegung steil nach oben führt. Diesen Gedanken begraben wir schlussendlich an einer Stelle, an der es nur noch auf bröckeligen, kleinen Tritten im Fels ca. 10 Meter eine senkrechte Wand runtergeht. Und
auf der anderen Seite ist gar kein Weg mehr zu erkennen. Jetzt endlich gestehen wir uns ein, was wir schon länger vermuteten: dass wir wohl den falschen Weg genommen haben; dass die weißen Pfeile gar nicht gut für uns waren (woher auch immer diese Markierung stammt oder wo auch immer sie hinführen soll..) Im Eiltempo also wieder raus aus dem schattigen Flusstal, zurück bis zur letzten richtigen Wegmarkierung. Von dort springt einem zwar der irreführende weiße Pfeil ins Auge, keine
50 Meter weiter ist aber eben auch die nächste "echte" Markierung zu erkennen. Wir ärgern uns ziemlich, zumal wir wissen, dass die Tour mit fünf bis sechs Stunden Aufstieg und vier Stunden Abstieg angegeben ist, was nun knapp werden dürfte. Mit Wut im Bauch steigen wir zügig aus dem Flusstal einen steilen Hang hinauf, oben zieht sich der Weg lange Zeit recht eben den Hang entlang, nach kurzem Abstieg gehts wieder steiler nach oben, bis wir letztlich auf über 2000 Meter Höhe sind, ohne
einen wirklichen Ausblick ins Wadi Bani Awf auf der anderen Seite des Gebirgszuges zu haben. Wir sind etwas frustriert, weil wir genau das hier oben eigentlich erwartet hatten. Da wir den Rückweg bis Misfah kennen und einschätzen können, wie lang wir brauchen werden, können wir nicht bis zum Gipfelgrat weitergehen. Jetzt fehlt uns genau die Zeit, die wir am Vormittag durch unsere eigene Dummheit verloren haben. Bis Sonnenuntergang bleiben uns noch gut zwei Stunden, im Schweinsgalopp geht
es also bergab. Dass die Kniebandage diesmal zu Hause blieb, erweist sich als schwerer Fehler (schon der zweite). Aber es nützt nichts, wir müssen runter. Und vor allem müssen wir noch so weit als möglich bei Tageslicht kommen. Den steilsten Hang passieren wir in der Dämmerung, erst auf dem relativ breiten und klar erkennbaren Weg vor Misfah haben wir nur noch den Vollmond als Beleuchtung. Nach gut 10 Stunden, ca. 20 zurückgelegten Kilometern und ca. 1000 Höhenmetern sind wir zurück am Auto;
ziemlich fertig, froh, endlich angekommen zu sein, aber auch etwas ärgerlich auf uns selbst. Nach so vielen Wanderungen sollte es nicht mehr passieren sich zu verlaufen. Und erst recht nicht, auf dem Rückweg (ohne Stirnlampe, weiterer schwerer Fehler) in die Dunkelheit zu geraten. Wir fahren zurück zum bekannten Schlafplatz, kochen uns was und fallen ins Zelt. Was für eine Mammut-Tour; letztlich aber trotz der Widrigkeiten sehr schön.
Zum Auslaufen und weil uns die Terrassenfelder um Misfah so gut gefallen haben, machen wir am nächsten Vormittag noch einen kleinen Spaziergang rund ums Dorf. Die kleinen Parzellen und die falaj-Wasserkanäle sind kunstvoll in den Hang eingebaut. Jetzt haben wir also auf drei Kontinenten Terrassenfelder kennengelernt; der Mensch kann ziemlich schlau sein, wenn er denn nur will. Von Misfah geht es über Al-Hamra
in Richtung Jebel Shams, vorher wollen wir noch einen Abstecher ins Wadi Nakhar machen. Der Reiseführer behauptet, die 7 km lange Piste ins Dorf Al-Nakhar am Wadi-Ende sei mit Geländewagen befahrbar. Bis kurz nach dem Dorf Al-Hajir glauben wir das noch, auch wenn die Abfahrt vom Dorf ins Flussbett schon grenzwertig ist. Dort geht es wegen der riesigen Felsbrocken aber schon nach wenigen Metern nicht mehr weiter. Wann auch immer man hier fahren konnte, jetzt nicht mehr. Also laufen wir weiter und
erreichen schließlich die Siedlung mit ihren Palmenhainen am Talende. Hier steigen in einem sagenhaften Talkessel rundum die Felswände bis auf 2000 Meter hoch, wir stehen - ganz klein - am Boden des omanischen Grand Canyon. Wahnsinnig beeindruckend!
Da es oben auf dem Jebel Shams ziemlich zugezogen hat, schmeißen wir unsere Pläne um. Wir biegen von der asphaltierten Straße, die auf das Massiv hinaufführt, auf eine Piste ab, über die wir Al-Ayn und die dortigen Gräber erreichen. Im perfekten Abendlicht kommen wir (leider fast zeitgleich mit einer 30 Mann starken deutschen Reisegruppe..) dort an und genießen den Blick auf die knapp 5000 Jahre alten Gräber und
das dahinterliegende Massiv des Jebel Misht. Anders als die Bildungsreisenden können wir so lang bleiben, wie wir wollen; später haben wir die 21 sogenannten Bienenkorbgräber für uns allein. Dass wir ganz in der Nähe fast am Fuß des Jebel Misht wieder einen irren Zeltplatz finden, ist schon müßig zu erwähnen. Am Morgen laufen wir trotz Hitze in Richtung des gut 2000 Meter hohen Massivs, die Südwand baut sich vor unseren Augen fast 1000 Meter senkrecht auf - der Berg erinnert
optisch an die Dolomiten, wirkt aber hier, alleinstehend in der Wüste, noch viel gewaltiger. Da die Gräber nur ein paar Kilometer entfernt sind, fahren wir nochmal vorbei und finden sie auch im gleißenden Sonnenlicht beeindruckend.
Nun aber auf zum Höhepunkt (nicht nur) im Wortsinn, dem Jebel Shams. Der Landcruiser flügelt nur so die Asphalt-Serpentinen hinauf, dann geht es auf staubiger Piste weiter bis zum Aussichtspunkt auf dem Hochplateau. Hier oben hat es gefühlt keine T-Shirt-Temperaturen mehr, es windet auch ordentlich. Aber der Blick in die Schlucht ist jedes Frieren wert. Gut 1000 Meter unter uns liegt das Wadi
Nakhar, an dessen Ende wir vor zwei Tagen standen. Gegenüber blickt man auf den Jebel Shams, mit 3009 Metern der höchste Berg des Oman. Dass wir hier oben auf dem Plateau übernachten wollen, war uns vom ersten Planen dieser Reise an klar, egal wie kalt und windig, egal, ob und wie viele andere Leute. Dass wir ganz allein mit unserem Auto und Zelt an diesem Wahnsinns-Platz stehen, ist einfach unfassbar. Wo sind denn bloß all die Outdoor-Enthusiasten?! Auch wenn die Gegend hier oben recht karg ist,
finden wir genügend Holz für ein schönes Lagerfeuer. Am Abend sind es noch 15 Grad, dass wir trotzdem mit Fleecepulli und Decke am Feuer sitzen, schreiben wir mal den wüstenhaften Temperaturen der letzten Tage zu.. Wir haben weiß Gott schon kälter geschlafen.
Die Wanderung zum aufgegebenen Dorf Sab starten wir früh am nächsten Morgen bei absolutem Kaiserwetter. Auf einem guten Weg geht es ohne große Höhenänderung und mit viel Tiefblick immer am Canyon entlang. Ein Panoramaweg, wie er im Buche steht. Das Dorf mit den verlassenen Häusern und mittlerweile trockenen Terrassenfeldern hat eine phantastische Lage; das allein war den Einwohnern zum Bleiben offenbar
nicht genug. Nachvollziehbar, aber auch schade. Hin und retour mit Päuschen im Dorf ist man gute drei Stunden unterwegs; dass vermutlich jeder länger braucht, liegt wohl an der Aussicht und den unzähligen Fotostops..
Die Rückfahrt vom Jebel Shams lässt sich mit einer Rundfahrt durch eine tolle Berglandschaft etwas verlängern. Klar, dass wir das tun. Auch wenn die Ausblicke nicht mehr ganz so spektakulär sind wie beim Grand Canyon, lohnen sich die zusätzlichen Kilometer in jedem Fall.
Jetzt müssen wir so langsam daran denken, den Kreis nach Muscat zu schließen. Mit der Fahrt über den Pass Sharaf al-Alamayn auf über 2000 Meter steht uns aber noch ein kleines Abenteuer bevor. Der Reise Know-how meint dazu: Voraussetzung Allradfahrzeug, Übung im Pistenfahren und Schwindelfreiheit. Das hört sich doch gut an. Bis zur Passhöhe ist die Straße asphaltiert, auf der anderen Seite führt ins Wadi Bani Awf
hinunter eine Piste, die nicht ganz ohne ist. Steil, schmal, super! Wir lieben unser Auto auf solchen Pisten. Die Sonne ist leider schon weg, die nördliche Seite des Passes liegt im Schatten. Nur wegen besserer Fotos wollen wir aber nicht hier oben übernachten. Auf temperaturmäßig freundlicher Höhe finden wir neben der Piste einen schönen Zeltplatz. Wir gehen davon aus, dass nur Wenige so lebensmüde sein werden, diese Strecke nachts zu fahren, so dass wir eine ruhige Nacht haben werden. Genau
so kommt es auch, erst im frühen Morgenlicht hören wir die ersten Autos.
Für einen Besuch des Dorfes Balad Seet war es uns am Vortag zu spät. Das holen wir heute - incl. Esel-Bekanntschaft - nach. Nach dem Motto Wadis ohne Ende fahren wir nach dem Wadi Bani Awf ins Wadi Bani Kharus, an dessen Ende wir wieder durch einen Palmenhain, entlang und auf falaj-Wassergräben eine kleine Wanderung zu Felsenpools machen. Unsere letzte Nacht in den Bergen verbringen wir mit bester Aussicht über dem Wadi
Hajir. Nochmal gibt es Lagerfeuer, eine Nacht in absoluter Stille, und am Morgen erwarten uns der (Fast)Vollmond auf der einen Zeltseite und ein spektakulärer Sonnenaufgang auf der anderen. Vom Übernachtungsplatz fahren wir über einen Pass und landen in einem Seitental des Wadi Bani Awf.
Zu guter Letzt bleibt uns noch das Wadi Abiyad, schon fast in Nähe der Küste. Hier ist ziemlich was los, was uns aber durchaus entgegenkommt, als wir uns bei einer Flussdurchfahrt im Kies festfahren. Wir stehen keine zwei Minuten, bis eine Gruppe junger Männer beim Schieben helfen will. Noch viel einfacher geht es mit dem motorisierten Helfer. Abschleppseil raus, kurz mal richtig Gas gegeben, schon
steht der Landcruiser wieder auf festem Boden. Peinlich, dass ein Nissan helfen musste.. Nach der Lektion lassen wir das Auto stehen und laufen weiter. Wie viele Menschen haben es die meisten Omanis mit dem Laufen nicht so sehr; je weiter wir im Wadi gehen, umso einsamer wird es.
Unsere letzte Nacht verbringen wir noch einmal am Strand, an der Landspitze Ras al-Sawadi. Dort ist es zwar nicht ganz so schön und ruhig wie in unseren ersten Strandnächten bei Fins, aber es ist ok und vor allem nicht allzu weit von Muscat entfernt, wo am nächsten Mittag unser Rückflug geht.
Richtig, Rückflug. Dass zwei Wochen nicht viel sind, war vorher klar. Dass der Oman so viel bietet und uns so gut gefallen würde, hatten wir geahnt. Wir sind uns ziemlich sicher, dass wir nicht zum letzten Mal in diesem Land waren, in dem es sich so wunderbar einfach reisen und vor allem so herrlich wild campen lässt. Ob wir mit unserem eigenen Camper hierher kommen können, wird in erster Linie davon abhängen,
wie sich die Situation in der Region entwickeln wird. Im "Notfall" wissen wir ja, wo wir einen gescheiten Miet-Landcruiser bekommen.
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