Schon wieder Korsika? Ja, schon wieder Korsika. Und damit wir trotzdem auch Neues kennenlernen, kombinieren wir dieses Mal mit dem im Wortsinn nahe liegenden Sardinien. Wir haben zweieinhalb Wochen Zeit, die Fähre für die Überfahrt zwischen den beiden Inseln buchen wir nicht vorab, so dass wir flexibel bleiben. Die Rückfahrt geht ab Olbia, wir "müssen" also auf jeden Fall nach Sardinien. In einem langen
Fahrtag geht es bei großer Hitze bis zum schon bekannten Campingplatz in Livorno, wir haben die Fähre wieder früh am nächsten Morgen. Auch wenn wir schon (gemeinsam) zum dritten Mal im Hafen von Bastia ankommen, ist die Einfahrt immer noch etwas Besonderes. Wir werden uns wie schon beim letzten Mal langsam von Nord nach Süd bewegen, erster Anlaufpunkt ist auch diesmal die Desert des Agriates.
Unsere erste Wanderung machen wir noch im Norden, nahe der Küste. Oberhalb vom schönen Dorf Speloncato startet am Pass nach Olmi-Cappella eine kurze und leichte Tour zum Monte Tolu, von dort blickt man weit über die Ebene an der Nordwestküste. Die Wanderung ist ok, das eigentliche Highlight finden wir im Anschluss: einen der schönsten Stellplätze, die wir jemals hatten. Unterhalb des Passes Bocca di Battaglia
zweigt eine Piste ab, an der wir nach wenigen Kilometern vollkommen allein in mehr als 1000 Meter Höhe auf einer Art Balkon stehen, vor uns 180-Grad-Panoramasicht aufs Meer. Wie schön dieser Platz und wie ruhig die Stimmung ist, lässt sich nicht beschreiben. Wir verbringen den perfekten Abend beim Grillen, mit gutem korsischen Wein und einem Sonnenuntergang nur für uns. Wieder eine von den Gelegenheiten, bei denen wir unsere Art von "Camping" nicht lieber haben könnten. Die
Piste führt offroad weiter zur nächsten Teerstraße D963; am nächsten Morgen fahren wir nochmal in Richtung Küste.
Am Strand von Ogliastro verbringen wir einen ruhigen Nachmittag; am nächsten Tag wandern wir von Lama aus in Richtung Monte Astu. Dann geht es weiter ins Asco-Tal, wo wir endlich Korsikas höchsten Berg, den Monte Cinto, in Angriff nehmen wollen. In Haut Asco gibt es leider keine Möglichkeit, mit dem Auto zu übernachten, der Zeltplatz ist nur für GR20-Wanderer. Deshalb müssen wir wieder ein paar Kilometer
zurück zum Camping Monte Cinto, schön gelegen im Wald und am kleinen Fluss Asco. Nachdem wir am Morgen aus eigener Dummheit später loskommen als geplant, sind wir nicht sicher, ob wir die Tour bis zum Gipfel überhaupt schaffen können; aber natürlich versuchen wir es. Vom Parkplatz an der ehemaligen Skistation in Haut Asco auf etwas über 1400 Meter geht es mehr oder weniger directamente bis zum Hauptgrat auf knapp 2600 Meter. Dort angekommen sieht der Gipfel gar nicht mehr weit
aus, was sich aber relativiert, weil man nochmal ordentlich absteigt, um erst dann auf die endgültigen 2706 Meter aufzusteigen. Oben ist es frisch, und vor uns liegt noch ein langer und steiler Abstieg, da fällt die Pause kurz aus. Als wir am Abend mit schweren Beinen wieder am Auto ankommen, sind wir wirklich fertig, aber auch sehr stolz, den Gewaltmarsch incl. Gipfel geschafft zu haben. Wenn wir wollen, können wir ganz schön lang, ausdauernd und schnell gehen.
Da wir von Bonifacio nach Sardinien übersetzen wollen, bewegen wir uns weiter Richtung Süden. Bei einem kurzen Abstecher ins Restonicatal wandern wir zum Melo- und Capitellosee, weiter hinauf lohnt nicht, weil es schon am Mittag zuzieht. So kommen wir am selben Tag noch bis zum Col de Campo di Lupo, wo wir mit bester Sicht auf den Monte d'Oro - unser nächstes Wanderziel - einen schönen, ruhigen Stellplatz finden.
Von Vizzavona aus starten wir früh am Morgen die Runde auf und um den 2389 Meter hohen Monte d'Oro. Mit fast 1500 Meter Höhenunterschied und einer angekündigten Gehzeit von 9 Stunden haben wir uns wieder eine ziemliche Mammuttour ausgesucht. Wir starten bei strahlendem Sonnenschein, aber wie schon in den letzten Tagen kommen bereits beim Aufstieg am Horizont die ersten Wolken auf, und auf dem Gipfel ist es auch diesmal wieder zugig und kalt; die zwei Franzosen, die kurz nach uns oben
ankommen, wärmen sich mit einer Flasche Rotwein zur Mittagspause. Der Abstieg ist lang und anstrengend, führt am Ende aber praktischerweise an den Cascade des Anglais vorbei, wo wir gleich die abendliche Dusche ersetzen können. Der Einfachheit halber nehmen wir nochmal den Stellplatz von gestern.
Weiter geht es Richtung Westküste, bei Tizzano wollen wir uns auch mal an einer Küstenwanderung versuchen. Rekorde an Höhenmetern machen wir dabei zwar nicht, dafür bekommen wir es mit rechter Hitze zu tun. Die Sonne brennt den ganzen Tag. Auf einem Küstenpfad wandern wir von Bucht zu Bucht, vorbei an bizarr geformten Felsen, hinter denen sich jeder etwas anderes und bei manchen auch jeder dasselbe vorstellen
kann. Zu Fuß ist kaum einer unterwegs, die meisten kommen per Boot in die einsamen Buchten. Hatten wir uns in den letzten Tagen immer mal wieder gewünscht, dass die Sonne ausdauernder scheint, sind wir heute nah am Hitzeschlag. Entsprechend müde kommen wir wieder am Auto an. Auf dem Rückweg Richtung Tizzano hatten wir auf einer Halbinsel einen Camper stehen sehen und konnten dann kaum glauben, dass man dort frei stehen kann. Wir sind zwar nicht allein, das wäre an einem solchen Ort auch
zuviel verlangt; und mit entsprechend Abstand sind die anderen Camper auch kein Problem.
Nach Bonifacio ist es jetzt nicht mehr weit; wir kennen die Stadt schon von zwei früheren Besuchen, sie fasziniert aber auch noch beim dritten Mal. Die Lage ist immer wieder aufs Neue unfassbar. Bevor wir Korsika verlassen, decken wir uns mit landestypischen Getränken ein - es kommt uns in dem Moment irgendwie nicht in den Sinn, dass der Wein auf Sardinien auch sehr gut sein könnte. Zum Abschied gibt es am Abend
ein Feuerwerk, ein gelungener Abschluss. Die Ile de Beauté hat uns auch bei diesem Besuch nicht enttäuscht; jetzt freuen wir uns auf das zweite Ziel Sardinien.
Die Fährüberfahrt ist problemlos und kurz, wir kommen im kleinen Santa Teresa an, wo wir ratzfatz die letzten sind, die von der Fähre fahren und die einzigen, die nicht direkt irgendwohin durchstarten. Wir orientieren uns erstmal - schließlich sind wir in einem "neuen" Land ;-)
Da wir an der total verbauten Costa Smeralda unmöglich einen freien Stellplatz finden konnten, nehmen wir mit einem Campingplatz am Capo d'Orso vorlieb, was jetzt außerhalb der Saison kein Ding ist. Was dort los ist, wenn das Teil voll ist, mag man sich nicht vorstellen. Bei nicht so prickelndem Wetter fahren wir am nächsten Morgen weiter in Richtung Supramonte im Landesinneren. Oberhalb vom Dorf Oliena kommen wir
auf einer guten Piste bis zur Scala 'e Pradu auf knapp 1000 Meter, von hier starten wir zum Monte Corrasi (1463 m). Hoch kommen wir noch trocken, oben sind die bedrohlich aussehenden Wolken schon ziemlich nah, und auf dem Rückweg erwischt es uns dann voll. Wir retten uns ins Auto und stehen erstmal mitten im Unwetter. Keine Stunde später reißen die Wolken schon wieder auf, zunächst ziehen noch Wolkenfetzen dramatisch die Felswände entlang, zum Sonnenuntergang ist der Himmel wieder wolkenlos. Wir haben
einen tollen Stellplatz neben der Piste gefunden, noch weit oben, im Schutz dicker Steineichen neben einer verlassenen Schäferhütte mit grandiosem Ausblick aufs Tal unter uns. Was für ein Logenplatz, mal wieder.
Da wir in Sardinien nur etwas weniger als eine Woche Zeit haben, werden wir nicht allzu weit Richtung Süden oder Westen kommen, für dieses Mal beschränken wir uns auf den Norden und Osten. Was wir auf keinen Fall verpassen wollen, ist die Steilküste bei Baunei. Angezogen in erster Linie durch ein, zwei schöne Touren im Wanderführer finden wir hier auch herrliche Offroadpisten und entsprechende Schlafplätze.
Von der Hochebene Su Golgo wandern wir hinunter zur Cala Goloritze, um die wohl berühmteste Felsnadel der Insel zuerst von unten zu sehen. Die Aguglia mit ihren 147 Metern Höhe direkt am Strand ist sehr beeindruckend. Von oben, von der Punta Salinas auf 466 Meter, ist der Blick hinunter in die Bucht und auf die Felsnadeln noch um Längen eindrucksvoller. Der steile Aufstieg ist schweißtreibend, lohnt aber jede Mühe. Nur schwindelfrei sollte man hier oben besser sein. Dass wir am nächsten
Tag den kleinen Hinweisschildern zur Cala Sisine folgen, erweist sich als Glücksfall. Die Strecke hinunter in die Bucht führt durch eine Schlucht mit hundert Meter hohen Felswänden und ist für bzw. mit unserem Auto ein Spaß. Auf dem Parkplatz am Ende der Fahrstraße verbringen wir vollkommen unbehelligt die Nacht. Von dort begeben wir uns auf unsere letzte Wanderung entlang der Steilküste von der Cala Sisine zur Cala di Luna. Zurück gönnen wir uns eine Bootsfahrt. Die Bucht, die mit ihrem weißen
Sand und türkisblauen Wasser auch in der Karibik liegen könnte, ist nur über die nicht wirklich Pkw-taugliche Piste zu erreichen, auf der wir gekommen sind, oder per Boot. Deshalb sind wir am Nachmittag, nachdem die Bootstouren ihre Passagiere abgeholt haben, auch fast allein da.
Und dann war's das fast schon wieder. Nach einer ruhigen Nacht in einer Kiesgrube, wo uns außer ein paar Kühen niemand registrierte, müssen wir uns schon wieder auf die Heimreise begeben. Die Fähre läuft am Nachmittag in Olbia aus, die 200 Kilometer bis dahin sollten kein Problem sein (der Kampf mit dem renitenten halbwilden Schwein, das uns unser Frühstück streitig machen wollte, ging zum Glück auch gut
aus). Da wir offenbar noch nicht genügend Wein an Bord haben, plündern wir den letzten Supermarkt vorm Hafen. Wie günstig hier Barilla-Nudeln und -Saucen, Parmesan und Peccorino verkauft werden, treibt uns fast die Tränen in die Augen.
Bei der Ausfahrt aus dem Hafen sind wir uns sehr sicher, dass das nicht unser letzter Besuch war. Das wenige, das wir von Sardinien gesehen und erfahren haben, hat uns großartig gefallen. Die Offroadpisten und die Möglichkeiten, wild zu campen, haben uns positiv überrascht.
Lange Rede, kurzer Sinn, hierher fahren wir nochmal!
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